Rezension

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Harte Zeit für Lona

Gnadensee - Ingrid Zellner

Gnadensee
von Ingrid Zellner

Bewertet mit 5 Sternen

„...Die Sonne schmeckt am besten rückwärts...“

 

Der Roman geht heftig los. Ein junger Mann wird zusammengeschlagen und die Treppe hinuntergeworfen. Es gelingt ihm noch, obige Mitteilung mit seinem Smartphone abzusetzen, bevor es um ihn dunkel wird.

Es ist Lonas 24. Geburtstag. Wie so oft hat sie in der Nacht wieder vom Unfalltod ihres Vaters geträumt. Er wurde in einer Nacht stark geblendet und hat das Steuer verrissen. Ihr Verhältnis zur Mutter ist seitdem distanziert, denn die Mutter gibt ihr die Schuld daran, denn ihr Vater war mit ihr unterwegs. Nun wartet Lona auf ihren Freund Dirk, mit dem sie den Geburtstag verbringen möchte. Doch Dirk erscheint nicht, seine Smartphone bleibt stumm. Sie fährt zu seiner Wohnung. Plötzlich steht ihr dort ein Fremder gegenüber, der sich als Dirks Vater ausgibt. Lona weiß aber, dass dieser tot ist..

Die Autorin hat einen fesselnden und abwechslungsreichen Krimi geschrieben. Die Geschichte lässt sich zügig lesen.

Lona macht erst einmal alles richtig. Sie ruft von Dirks Wohnung aus die Polizei an und meldet auch Dirks Verschwinden. Doch die Ermittlungen stagnieren. Von Dirk findet sich keine Spur, auch sein Studienkollege Brynjar, ein Isländer, ist verschwunden. Dirks Nachricht war auf dem Smartphone seiner Schwester Claudia gelandet.

Der Schriftstil ist angenehm lesbar. Neben der spannenden Handlung setzt die Autorin gekonnt Ruhepunkte. So entscheidet sich Lona, mit ihrer Freundin Andrea nach Island zu fahren. Die Reise war eigentlich mit Dirk geplant. Sehr schön wird das Flair der Insel beschrieben. Treffende Metapher veranschaulichen die karge und doch beeindruckende Natur der Insel. Ein Einblick in die Sagenwelt darf nicht fehlen. Gleichzeitig lerne ich als Leser die eine oder andere Sehenswürdigkeit kennen. Auch ein isländisches Lied durchzieht das Geschehen.

Durch Claudia erfährt Lona, dass sich die Geschwister in ihrer Kindheit mit eigens erfundenen Verschlüsselungen beschäftigt haben.Damit hoffen sie, Dirks Mitteilung einen Sinn zu entlocken. Die Verfahren werden auch für den Laien verständlich erklärt und haben mich zum Mitdenken animiert.

Passende Worte findet die Autorin, um vor allem Lonas Seelenzustand zu beschreiben. Sie hat den Unfalltod ihres Vaters noch nicht verkraftet und muss nun mit einem weiteren Verlust rechnen. Trost findet sie, wenn sie allein im Münster Sankt Maria und Markus auf Reichenau eine kurze Zeit der Ruhe verbringt.

Mit den ermittelnden Beamten hat sie nicht immer Glück. Einer behandelt sie fast wie eine Täterin, ohne auf ihren Zustand Rücksicht zu nehmen. Andere haben dafür deutlich mehr Verständnis.

Das Cover wirkt ruhig und stimmungsvoll.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Mit berührenden Worten von lona möchte ich meine Rezension beenden:

„...Dein Tod war unser gemeinsames Ragnarök. Möge dieser Regenbogen für uns beide ein neues Leben bedeuten. Ich werde dich nie vergessen. In jedem Regenbogen werde ich von nun an dich sehen...“