Rezension

Hat mich gut unterhalten

Amen - Rudi Jagusch

Amen
von Rudolf Jagusch

Bewertet mit 4 Sternen

Als der krank geschriebene Kriminalkommissar Martin Landgräf morgens den Kölner Dom besucht, wird er dort mit einem Bombenattentäter konfrontiert, der droht, den Kölner Dom zu sprengen und den Kommissar direkt als Unterhändler akquiriert. Um seiner Drohung weiter Nachdruck zu verleihen, jagt der Attentäter nach einem knapp gesetzten Ultimatum eine verlassene Fabrikhalle in die Luft und stellt dann ein weiteres Ultimatum, dieses Mal soll es weitaus schlimmere Konsequenzen geben, sollten seine Forderungen nicht erfüllt werden.

Dieser Roman ist der erste Thriller des Autors, der bisher Kriminalromane schrieb. Ich selbst habe noch keines seiner Bücher gelesen, war daher sehr gespannt, zumal der Roman in meiner Heimatstadt spielt – und für welchen Kölner wäre das oben beschriebene Szenario nicht eine absolute Horrorvorstellung.

Die Handlung wird auf mehreren Zeitebenen erzählt. Immer wieder gibt es Rückblenden, vor allem in die Vergangenheit des Täters, dessen Identität zunächst nur dem Leser, nicht aber den Ermittlern bekannt ist. Man taucht tief ein in das Leben des Mannes, allerdings nicht linear, die Rückblenden machen mal mehr, mal weniger große Zeitsprünge. Mir hat das sehr gut gefallen, so wird nach und nach aufgedeckt, was in diesem Menschen vorgeht – und hin und wieder erfährt man auch zunächst Unerwartetes. Nicht alle Rückblenden werden dabei aus der Sicht des Täters selbst erzählt, u.a . erlebt man das Geschehen auch aus dem Blickwinkel seiner Ehefrau. Neben diesen verschiedenen Vergangenheitsperspektiven gibt es auch in der aktuellen Zeit Perspektivewechsel, hier nimmt vor allem Martin Landgräf eine große Rolle ein. Das Ganze ist dabei wesentlich weniger kompliziert als es sich anhört, die Zeitwechsel werden meist angekündigt und verwirren nicht, insgesamt ist alles gut zu verstehen und passend verwoben.

Der Begriff Thriller erweckt bei mir immer die Erwartung großer, oft nervenzerfetzender Spannung. Diese Erwartung erfüllt dieser Roman in meinen Augen nicht. Spannend ist er schon, aber nicht so, dass man atemlos durch die Seiten rast. Für mich strahlt er eher so etwas wie solide Spannung aus. Mich trieben mehr die Rückblenden-Ereignisse zum Weiterlesen als die aktuellen Ereignisse, zumal ich schon relativ früh auf der richtigen Spur war (diese aber zunächst für eine falsche Fährte hielt). Insgesamt liest sich der Roman sehr flott.

Als Kölnerin hätte ich mir mehr Köln im Roman gewünscht, mehr Orte, die ich eindeutig wieder erkennen kann. Köln wurde wohl vor allem deshalb als Schauplatz gewählt, weil der Dom eben so prominent ist.

Neben dem Täter und in kleinerem Maße dessen Ehefrau und Landgräf sind die anderen Charaktere reine Nebencharaktere und weniger gut ausgearbeitet als die drei erst genannten. Manche haben trotzdem einen bleibenden Eindruck hinterlassen, allen voran Charlotte Ritter, Mitarbeiterin beim BKA, die auch für ein paar Schmunzler gut ist.

Mir hat der Roman gut gefallen, er hat mich von vorne bis hinten gut unterhalten, ist logisch aufgelöst worden und hat keine Fragen offen gelassen. Martin Landgräf würde ich gerne in einem anderen Roman wiedertreffen.