Rezension

Hat mich überfordert...

Fürchtet euch - Wiley Cash

Fürchtet euch
von Wiley Cash

Der erste Eindruck:

Man sieht dieses Buch im Buchladen und wird förmlich angezogen von dem zugegeben sehr imposanten Cover: Denn im Grunde wirkt das Kornfeld mit dem gedankenverlorenen Jungen so idyllisch und so unschuldig und betrachtet man nur diesen Teil des Covers könnte man glatt mit einer schönen Familiengeschichte rechnen. Ich finde, an dieser Stelle wird bereits das erste mal im Cover der Bezug zur Sekte deutlich, denn nach außen hin vermitteln religiöse Glaubensgemeinschaften auch eher einen Eindruck von Geborgenheit, Gemeinschaft und vor allem, dass sie harmlos sind. Jedoch wird am Horizont durch eine bedrohlich wirkende Kirche und eine zunehmende Verdunkelung der Farbe verdeutlicht, dass dies definitiv nicht der Fall ist. Denn in diesem Teil wird die drohende Gefahr durch diesen Glauben schon einmal deutlich... Mir gefiel das Cover wirklich sehr gut, allerdings ist es auch schon so ziemlich das einzige, das mir an dem Buch immer noch gefällt, da es in seiner Eindeutigkeit einfach nicht falsch interpretiert werden kann. Anders das Buch.

 

Inhalt:

Wir befinden uns in den 80er Jahren in einer ländlichen Bergregion in North Carolina, in der wir eine ganz besondere „Gemeinde“ kennenlernen. Ihr Oberhaupt ist ein Fanatiker, der sich selbst als die Hand Gottes inszeniert und eine Menge Macht auf die Gemeindemitglieder ausübt. Allerdings wird diese Macht nicht selten von ihm dazu missbraucht, Menschen durch seine eigenartigen Praktiken in lebensgefährliche Situationen zu bringen. Doch seine Anhänger sind ihm erlegen, sie nehmen alles so hin, bis an einem Sonntagabend alles anders wird: Ein stummer Junge sollte am Abend in dem Gottesdienst „geheilt“ werden, doch er überlebt nicht und nur sein kleiner Bruder kennt die Wahrheit über seine Todesumstände. Denn er hat Dinge beobachtet, die nicht für seine Augen bestimmt waren...

 

Meine Meinung:

Zunächst einmal war ich regelrecht begeistert von „Fürchtet Euch“, da die Gemeinde gut charakterisiert wurde und man sich sofort in einer sehr düsteren und bedrückten Atmosphäre wiederfindet.  Der Autor schockt einen zunächst sehr, berichtet von einer Aussteigerin und baut große Erwartungen auf. Das Fundament für einen spannenden Krimi war gelegt.

 

Doch der Krimi kam einfach nicht. Für mich wurde die Geschichte schnell undurchsichtig, unübersichtlich und ich habe schnell nicht mehr viel verstanden. Der Autor verliert sich in zusammenhanglosen Rückblicken, die die Geschichte ziehen und sie nicht wirklich voranbringen. Ich meine, einige und vor allem kurze Rückblenden steigern ja durchaus die Spannung, aber eine Rückblende in einer Rückblende in Rückblende wird mir dann doch zu viel. Ferner verwirrt er den Leser durch nur schwer nachvollziehbare Zeitsprünge, die man sicherlich auch verständlicher hätte anlegen/umgehen können. Denn im Grunde interessierten mich diese ganzen Nebeninformationen gar nicht, ich wollte doch nur wissen, was mit Christopher passiert ist!

 

Und so wartet man die ganze Zeit auf eine Auflösung, geduldig kämpft man sich durch die Rückblenden und erhält am Ende nur eine halbe Aufklärung. Man bekommt zunehmend das Gefühl, der Autor schreibe am Thema vorbei und verliere Christophers Tod aus den Augen.

 

Ansonsten kann man „Fürchtet Euch“ zugute halten, dass es außerordentlich gut recherchiert war und gegen Ende doch ein wenig (immerhin) bewegend wurde, jedoch mit dem starken Auftakt nicht mehr mithalten konnte.

 

Mein Fazit:

Dieses Buch trumpft durchaus mit sehr viel Durchdachtheit und metaphorischer Tiefe, allerdings muss man da wohl eher eine kriminalistische Spürnase sein, um den wirklichen Sinn hinter dem Text zu entschlüsseln. Mir jedenfalls hat er sich nicht erschlossen und so war ich nunmehr enttäuscht davon, wie der Autor den roten Faden verlor und mich somit immer mehr aus der Handlung ausschloss, weil ich einfach nicht mehr mitkam.

 

Ich kann allerdings auch nachvollziehen, warum so viele das Buch mochten, da es nicht nur einen außerordentlich starken Auftakt bot, sondern auch durch seine Strukturierung viel Freiraum für verschiedene Interpretationen lässt. Dafür muss man dieses Buch aber wirklich in seine Einzelteile zerlegen und analysieren... mich hat es einfach überfordert! Wir haben es hier also definitiv nicht mit einer Feierabend-Lektüre zu tun!