Rezension

Heimat hat viele Gesichter

Heimaterde - Lucas Vogelsang

Heimaterde
von Lucas Vogelsang

Bewertet mit 5 Sternen

Lucas Vogelsang ist Jahrgang 1985 und in Berlin-Spandau aufgewachsen. Für sein Buch „Heimaterde“ ist er einmal quer durch die deutsche Republik gereist und hat Bundesbürger mit Migrationshintergrund nach deren Heimatbegriff befragt.

Vogelsangs „Heimatstudie“ besticht durch dessen Vielschichtigkeit und Objektivität. Der Autor lässt seine Interviewpartner sein, wie sie sind, und taucht dabei in verschiedene soziale wie religiöse Milieus ein. Das alles verbindende Moment stellt Deutschland dar, das Land, in dem die Befragten leben und eine neue Heimat gefunden haben. 

Doch welche Bedeutung hat Heimat, wenn die eigenen Eltern aus dem Ausland (Türkei, Afrika, Vietnam etc.) kommen oder am selbst das Heimatland wegen Krieg oder Verfolgung verlassen musste?

Die Antworten, die Vogelsang während seiner Studienreise erhält, könnten unterschiedlicher nicht sein. So gibt es einerseits Musterbeispiele für gelungene Integration, wie die Fußballbrüder Boateng oder den SPD-Angeordneten Raed Saleh, die Deutschland trotz Migrationshintergrund als Heimat bezeichnen und stolz darauf sind. Andererseits hadern vor allem die Älteren mit der Bundesrepublik und erklären das Heimatland ihrer Mütter und Väter zur Heimat bzw. zum Ort der letzten Ruhe. Kurzum, einen einheitlichen Heimatbegriff kann es gar nicht geben, denn das heutige Deutschland ist bunt und lebt von seiner Vielfalt.

Wie bereits angedeutet, empfinde ich das neutrale Nebeneinander von Sicht- und Denkweisen als großes Plus von Vogelsangs Studie. Dabei macht es keinen Unterschied, ob ein AfDler, ein SPDler, ein Ex-Profikicker oder ein Sprachdozent mit Migrationshintergrund interviewt wird, denn Vogelsang verzichtet zugunsten seiner bildreichen wie unverstellten und historisch reizvollen Studie auf den obligatorischen Zeigefinger. Zudem hält der Autor mit seiner eigenen Auffassung von Heimat nicht hinter dem Berg und setzt damit Berlin-Spandau ein Denkmal.

FAZIT
Der Heimatbegriff lässt sich nicht in ein Korsett pressen und das ist auch gut so. Vogelsangs Buch ist eine lesenswerte wie Horizont erweiternde Lektüre, die ich jeden deutschen Bundesbürger ans Herz lege, der einmal über den eigenen Tellerrand hinausschauen und dabei den heutigen, bunten deutschen Staat kennenlernen möchte.