Rezension

** Helens "ups and downs" **

Glücksfall - Marian Keyes

Glücksfall
von Marian Keyes

Bewertet mit 4 Sternen

Ein Roman aus dem Genre „Freche Frauen“ mit über 600 Seiten ist natürlich eine stolze Leistung. Da ich die Autorin Marian Keyes, bzw. besser gesagt alle ihre bisherigen Bücher bereits kenne, hatte ich jedoch keine Sorge, dass das Lesen zur Qual werden könnte. Dennoch braucht man natürlich bei einem solchen „Wälzer“ meist einige Zeit, bis man in der Geschichte drin ist. Die meisten Bücher von Marian Keyes handeln von der irischen Großfamilie Walsh, deren erwachsene Töchter so allerhand erleben. In „Glücksfall“ taucht man in das Leben von Helen Walsh ein, von der ich bisher nicht ganz so viel wusste. Ihr Beruf als Privatdetektivin war mir aus vorherigen Büchern bereits bekannt, jedoch befasste sich bislang kein Roman ausschließlich mit ihr. Und so war ich sehr gespannt, die Persönlichkeit von Helen näher kennen zu lernen.

An dieser Stelle lässt sich sagen, dass Helen Walsh wirklich eine interessante Person ist. Ihr doch sehr ungewöhnlicher Beruf begeistert sie und sie scheut weder heikle Ermittlungen, noch Bestechungen von Informanten. Dies hat sie zwar schon des Öfteren in brenzlige Situationen gebracht, aber Angst kennt Helen nicht. Die nach außen taff wirkende junge Frau macht jedoch in Wirklichkeit eine sehr schwierige Phase durch: Sie leidet unter Depressionen, die mal schlimmer und mal weniger schlimm auftreten. Manchmal wünscht sie sich einfach, einen Unfall zu haben, oder sich eine tödliche Krankheit einzufangen. Auch über Selbstmord hat sie bereits nachgedacht, aber es blieb bislang bei einem mehr als misslungenen Versuch. Die tägliche Einnahme ihrer Antidepressiva ist ein wahrliches Ereignis und ohne Schlaftabletten kommt sie nicht zur Ruhe. Sie hasst zudem bunte Farben - Leute, die das erste Mal ihre Wohnung betreten, bekommen aufgrund der merkwürdigen Farbgestaltung Beklemmungen.

Wo bereits das nächste Problem in Helens Leben zur Sprache kommt: Da die Auftragslage als Privatdetektivin zurzeit mehr als mau aussieht, verliert sie ihre Wohnung und muss wieder in ihr Elternhaus ziehen. Zwar hat sie einen Freund, bei dem sie theoretisch einziehen könnte, jedoch hat dieser merkwürdige Kinder (Kinder sind auch nicht so Helens „Ding“) und eine Exfrau, die bei ihm ein- und ausgeht, wie es ihr gefällt. Und so kommt Helen nicht drum rum, einen Auftrag ihres Exfreundes Jay Parker anzunehmen: Das Aufspüren eines Mitgliedes einer früheren Teenie-Band, die in wenigen Tagen ein Revival feiern sollen.

Obwohl Helens Leben ziemlich niederschmetternd ist, liest sich dieses recht witzig und unterhaltsam. Schließlich hat sie bei all den komischen Vorkommnissen in ihrem Leben ihren Humor nicht verloren. Hier und dort kamen mir sogar einige Passagen bekannt vor – aus Erzählungen einer Bekannten, die auch so allerhand „hasst“ (bzw. nicht leiden kann) und manchmal einiges recht „trüb“ sieht. Die Erzählungen über Helens Gemütszustand und den Ereignissen in ihrem Privatleben haben mir beim Lesen definitiv am besten gefallen. Mit der Story rund um ihren Auftrag als Ermittlerin, hatte ich zunächst ein paar Startschwierigkeiten. Dies lag vor allem daran, dass ziemlich viele Personen mitmischten. Die vier Bandmitglieder, der Manager, dann noch Verwandte und Bekannte der ehemaligen Stars,… Ziemlich viele Charaktere, mit denen man sich vertraut machen musste, was mir weniger gut gefallen hat. Dies war jedoch auch der einzige Makel, denn die Suche nach Wayne an sich war ebenfalls gelungen und stellenweise sogar recht spannend.

Der Schreibstil der Autorin ist durchweg flüssig und das Buch lässt sich trotz der hohen Seitenstärke sehr gut und recht schnell lesen. Zu erwähnen wäre noch, dass es kein Muss ist, die vorherigen Bücher der Autorin gelesen zu haben. Zwar „kennt“ man Helen bereits aus vorherigen Romanen, aber es fehlt einem Leser an keinerlei Informationen, wenn man diese nicht kennt. Alles in allem wieder einmal ein gutes, lustiges, lesenswertes Buch über den „Walsh-Clan“, der mich sehr gut unterhalten hat!