Rezension

herausragend und lesenswert

Der Angstmann - Frank Goldammer

Der Angstmann
von Frank Goldammer

Bewertet mit 5 Sternen

Wie dieser Roman es schafft, die Schrecken der letzten Kriegsmonate mit einer überaus fesselnden Kriminalhandlung zu verknüpfen, macht ihn so herausragend und lesenswert - nicht nur für Krimifans.

1944 geht in Dreden ein Frauenmörder um. Er hinterlässt fürchterlich zugerichtete Opfer. Kriminalinspektor Heller hat größte Mühe, die nötigen Schritte zur Verfolgung des Täters zu unternehmen, denn die Kriegsgeschehnisse erschweren die Ermittlungen enorm, zudem behindert sein Vorgesetzter sie fortwährend. 

Frank Goldammer schickt mit Max Heller einen aufrechten, einen guten Menschen ins Gefecht, der dem Nationalsozialismus skeptisch gegenübersteht. In dem braunen Schlamm seiner Behörde muss er sich abstrampeln, muss hinnehmen, dass ihm Unterstützungen versagt werden, muss ein Ziel verfolgen, das der Krieg zu relativieren versucht. Denn so schlimm die Taten des Mörders sind, die des Krieges sind um ein Millionenfaches schlimmer. 

Heller weiß das, und doch kämpft er gegen das Aufgeben an, versucht, seinen Werten treu zu bleiben, ohne zu viel zu riskieren. 

Der Kriminalfall ist schockierend und spannend. Der Kriegsalltag ebenfalls. Beides zusammen macht diesen Roman zu einem atemberaubend dichten Erlebnis. Das Buch spiegelt den damaligen Zeitgeist völlig authentisch wider, alles rückt sehr nahe: der stets gegenwärtige Mangel, der Hunger, die Angst um die Söhne an der Front, die Angst vor Denunziation, die Zustände im Krankenhaus, der Fliegeralarm, das Warten im Keller … Alles ist derartig exakt eingefangen, von der Kleidung über den oft militärisch knappen Ausdruck in der wörtlichen Rede bis zu beiläufigen Gesten, dass man mit Haut und Haar hinein gesogen wird in diese beklemmende Szenerie. 

Die Menschen sind nicht leicht zu durchschauen. Wer aus welchem Grund was zu verbergen hat, wird beizeiten plausibel erklärt. Doch bis dahin rätselt und bangt man mit dem dem Kommissar, gruselt sich gar, und hofft auf einen glücklichen Ausgang, soweit die Erwartung in diesen Zeiten überhaupt reichen darf. 

Wie dieser Roman es schafft, die Schrecken der letzten Kriegsmonate mit einer überaus fesselnden Kriminalhandlung zu verknüpfen, macht ihn so herausragend und lesenswert - nicht nur für Krimifans.