Rezension

Herrlich schräges Jugendbuch!

Cruel Summer - Alyson Noël

Cruel Summer
von Alyson Noël

Bewertet mit 5 Sternen

Zu ihrem Entsetzen bekunden die Eltern der jugendlichen Colby nicht nur ihre Scheidungsabsichten, sondern verdonnern sie gleichzeitig dazu, den Sommer bei ihrer "verrückten Tante Tally" auf der kleinen griechischen Insel Tinos zu verbringen, so dass Colby den Trennungsstreitigkeiten entgeht. Dummerweise hat Colby es aber just erst geschafft, in den Dunstkreis der populären Amanda vorzudringen und als "cool" statt als "Nerd" zu gelten, und dem vermutlich besten Sommer ihres Lebens entgegengesehen, dominiert von aufregenden Strandtagen, Grillparties und vor Allem: Zusammentreffen mit dem heißen Levi, für den sie nun nicht länger unsichtbar ist...

"Cruel Summer" ist ein Jugendroman, der mir zu lesen ausnehmend viel Spass bereitet hat; Colby ist eine sehr eigene, liebenswerte und leicht schrullige Protagonistin, die keinen Hehl daraus macht, dass der Sommer auf Tinos ihr Leben zerstört. Dabei legt Colby eine derart ausgeprägte Theatralik an den Tag, die sicherlich völlig übertrieben ist, in erster Linie aber einfach nur lustig - und durchaus authentisch, denn wer hat in jugendlichem Alter schon nicht gedacht, diese Zeit würde das restliche Leben dominieren und quasi nie zu Ende gehen?!
Von daher ist Colbys zappeliges Auftreten durchaus glaubwürdig; zudem ist sie sehr konsequent: Auch auf Tinos angelangt macht sie gar keinen Hehl daraus, dort gar nicht sein zu wollen, auch wenn die "verrückte Tante Tally" und ihr Lebensgefährte eigentlich schwer in Ordnung sind, aber dass diese ausgerechnet auf Tinos leben müssen, obschon das viel hippere Mykonos doch gleich nebenan liegt?! 

"Cruel Summer" wird komplett von Tally erzählt, auch wenn hier diverse Erzählarten auftreten: Weite Strecken des Buchs werden von Tagebucheinträgen dominiert; dann gibt es noch diverse Blogeinträge des Blogs, den sie auf Tinos aufgesetzt hat, und zudem finden sich eMails, die sie an Amanda, ihre ex-beste (weil uncoolere) Freundin Natalie und ihre Mutter bzw. ihren Vater schickt, die sie a) geschickt gegeneinander auszuspielen versucht, um ihre frühere Heimkehr zu sichern und die sie b) entsetzt zur Rede stellt, über Dinge, die ihr nun bezüglich der elterlichen Trennung zugetragen werden.
Die Antworten der Angeschriebenen werden übrigens nie direkt wiedergegeben, sonder deren Aussagen lassen sich wiederum aus Colbys Reaktionen ziehen. 
Was im ersten Moment vielleicht wirr klingt (Tagebucheinträge, Blogbeiträge, eMails an verschiedene Empfänger), ließ sich aber durchaus angenehm lesen; ich verlor nie die Übersicht und mir gefiel an dieser Art der Darstellung, dass Colbys ureigene Hektik so sehr deutlich wurde. 

Im weiteren Verlauf des Romans freundet sich Colby doch noch mit dem jungen Griechen Yannis an und man kann hier zwar frühzeitig erahnen, dass sich da eine romnatische Beziehung entwickeln könnte, merkt aber zugleich, wie überfordert Colby mit der für sie überraschenden Situation nun ist; immerhin ist sie lediglich (ungewollt!) während des Sommers auf Tinos, das echt nervt, während auf der anderen Seite des großen Teichs ihr neues, cooles Leben auf sie wartet. Aber wartet es überhaupt, wird Cliquen-Neuling Colby nicht während der Sommerferien wieder komplett vergessen und ohjeh, sie muss echt dringendst zurück ins kalifornische O.C., wenn sie weiterhin zu den Angesagten zählen will... Mir gefiel es sehr, dass hier keine "auf den ersten Blick"- bzw. "Knall auf Fall"-Romanze dargestellt wurde, dass Colby ihren Aufenthalt auf Tinos nicht von einem Tag auf den Anderen total toll fand, sondern sich hier eine stetig voranschreitende Entwicklung zeigte, in der Colby auch ihre eigenen Wertigkeiten nochmals überdachte, ohne dabei ins besonders Philosophische abzudriften. 

Ich fand "Cruel Summer" einfach großartig; was das Lesen des Buchs für den Ein oder Anderen allerdings etwas erschweren könnte, ist, dass Colby mit Amanda ausschließlich in Chat-Kurzsprache (sprich: ausgelassene Vokale und Zahlen statt Buchstaben) kommunizierte. Diese eMails waren nun zwar immer nur wenige Zeilen lang, so dass es nicht so ist als dass Colby da seitenlang in Rätseln gesprochen hätte, und ich fand diese Nachrichten nun auch noch gut verständlich, aber wer weder in Jugendsprache noch in amerikanischer Umgangssprache und erst recht nicht mit diesen extrem verkürzten Schreibweisen vertraut ist, den werden Colbys Nachrichten an Amanda wohl vor ein kurzes, aber klares Verständnisproblem stellen.