Rezension

Herrlicher Schelmenroman, hervorragend vorgetragen! Chapeau :-)

Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull, 12 Audio-CDs + 1 MP3-CD
von Thomas Mann

Bewertet mit 4 Sternen

Ungekürztes Hörbuch, Argon Verlag, 14 Std. 19 Minuten, Sprecher: Boris Aljinovic

Dieser Schelmenroman entstand zwischen 1910-1913 und 1950-1954 und war zugleich der letzte Roman Thomas Manns. Er handelt vom Hochstapler Felix Krull, der seine Memoiren niederschreibt, und die sind alles andere als langweilig.

Bereits als Kind liebte Felix die Schauspielerei, die sich unter anderem darin zeigte, dass er täuschend echt Unwohlsein und Krankheit vorspielte (er übte es regelrecht zuvor), um bspw. nicht in die Schule zu müssen. Auch von großem Nutzen war ihm diese Schauspielkunst bei der späteren Musterung, wo er nach vorheriger Lektüre medizinischer Bücher einen epileptischen Anfall vortäuschte. Weiterhin nahm sein Pate Schimmelpreester, ein dubioser Kunstmaler, großen Einfluss auf Felix in jungen Jahren, als er ihn regelmäßig kostümierte und somit in unterschiedlichste Rollen schlüpfen ließ. Daran fand Felix Krull großen Gefallen. Immer wieder von Jedermann (und Jederfrau) bewundert, entwickelte sich sein äußerst selbstverliebtes Ego, welches jede günstige Gelegenheit zur weiteren Entfaltung beim Schopfe packte. Dabei kam es durchaus auch zu kleinen und größeren kriminellen Handlungen, die Felix Krull immer so auszulegen vermochte, dass es die Tat „eines vom Schicksal Begünstigten“ zu sein schien. Damit war er zufrieden. So „hochstapelte“ sich Felix Krull also durchs Leben, nachdem sich sein Vater aufgrund vom Bankrott seiner Schaumweinfabrik das Leben nahm, als Felix gerade 18 war. Mit einem ausgeprägten Sinn für Sprache – auch Fremdsprachen – und Künste und seinem extrem guten Äußeren, das er sorgsam pflegte, war es für Felix kein Problem, durchs Leben zu gehen, und das eher in höheren als in niederen Kreisen… In Paris bspw. jobbte er tagsüber in einem sehr angesehenen Hotel (sein Pate vermittelte ihm diesen Job), nach Dienstschluss schlüpfte er dann in die Rolle eines Gentleman und genoss das Pariser Nachtleben. Durch einen Zufall ergab es sich schließlich, dass Felix die Rolle eines anderen übernehmen sollte und sich somit auf Weltreise begab, die ihn als erstes nach Lissabon führte – in der Rolle des Marquis de Venosta...

Soviel zum Inhalt – ganz grob zusammengefasst. Wie aber hat es mir als Zuhörer gefallen? Zuerst und vor allen Dingen ziehe ich den Hut vor der grandiosen sprecherischen Leistung des Boris Aljinovic! Wer Thomas Mann kennt, weiß um seinen Faible für kilometerlange Schachtelsatzungetüme, die schonmal seitenfüllend auftreten ;) Boris Aljinovic versteht es hervorragend, diese Ungetüme zu bändigen und sie dem Zuhörer wunderbar verständlich zu servieren. Das hat mich sehr begeistert. Die Geschichte des Felix Krull im Allgemeinen ist herrlich erfrischend, ironisch und voller feinem Witz. Obwohl auch phasenweise langatmig, weil Thomas Mann sich gern in Einzelheiten oder philosophischen Betrachtungen verliert, gibt es an anderer Stelle oft derart aberwitzige Momente, dass ich als Zuhörer einem Dauergrinsen ausgesetzt bin. Kurz: ich habe mich köstlich amüsiert! Und dann ist da die Sprachmelodie des Thomas Mann, die ich immer schon gemocht habe! Herrlich. Einzig wirklich irreführend und enttäuschend ist (wenn man sich vorab nicht informiert), dass der Roman scheinbar mittendrin endet. Nun…es handelt sich hier um „der Memoiren erster Teil“, eine Fortsetzung war durchaus geplant. Aber (Zitat Wikipedia): ,Zur Weiterführung von Felix Krulls Lebensweg äußerte sich der 79-jährige Thomas Mann: „Wie, wenn der Roman weit offen stehen bliebe? Es wäre kein Unglück meiner Meinung nach.“‘ ;)

Fazit: Einfach herrlich! Großartig vorgetragen! Wer den Glückspilz und Hochstapler Felix Krull kennenlernen will und vor etwas älterer Sprache nicht zurückschreckt, der sollte meiner Meinung nach unbedingt zu diesem Hörbuch greifen! Etwaige Längen zwischendurch werden großzügig entschädigt!

Kommentare

wandagreen kommentierte am 16. Februar 2016 um 00:39

Stimmt. Thomas Manns unterhaltsamstes Werk.