Rezension

Hervorragendes Buch zu einem Tabuthema

Zehn Gründe, die todsicher fürs Leben sprechen - Albert Borris

Zehn Gründe, die todsicher fürs Leben sprechen
von Albert Borris

Bereits der erste Satz wird jeden, der noch nicht selbst vor dieser Wahl stand, erschrecken und aufwühlen, da bin ich mir ziemlich sicher. Prägnante erste Sätze sind für mich wirklich wichtig und dieser hier ist es definitiv, prägnant und einprägsam.

Selbstmord ist keine leichte Thematik, in der Art, wie sie hier dargestellt wird, leider noch viel zu selten vertreten. Albert Borris ist es gelungen, auf eine feinfühlige und dabei doch sehr direkte Art und Weise einen Einblick in die Gedanken von selbstmordgefährdeten Jugendlichen zu gewähren. Dieses Buch ist sicher beeindruckend, wenn auch nicht immer positiv zu sehen. Vier Jugendliche auf Selbstmord-Sightseeing-Tour quer durch Amerika, eine durchaus auch makabre Angelegenheit, wenn sie ihren gemeinsamen Selbstmord planen oder Gräber und Schreine von prominenten Selbstmördern besichtigen.
Der Ich-Erzähler Owen wird hier von Chat-Protokollen unterstützt, die zeigen, wie die Idee zu dem Trip entstand, wie die vier sich kennen lernten und wie sie das Ganze planten. Außerdem gibt es immer wieder Listen zu zehn Dingen (die schönsten Selbstmordarten, die schönsten Arten ohne Selbstmord zu sterben). Zwischen den Protagonisten gibt es auch immer wieder Gespräche über ihre Selbstmorde, Klinikaufenthalte und Erfahrungen, aber sie stellen sich auch Fragen über andere Menschen. Besonders hängengeblieben ist mir dabei die Frage, ob die Menschen, die 2001 aus dem World Trade Center sprangen, Selbstmörder waren oder ermordet wurden.
Bei manchen Gesprächen kann es einem eiskalt über den Rücken laufen, ganz egal, ob man auch mal ähnliche Erfahrungen gemacht hat oder ein vollkommen unbeschriebenes Blatt in der Hinsicht ist.

Die Protagonisten sind voller Menschlichkeit, Fehler und Probleme und eben suizidal veranlagt. Jin Ae ist Asiatin, steht unter dem Druck ihrer Mutter, alles perfekt und richtig zu machen, doch zugleich ist sie auch homosexuell veranlagt. Tragischerweise ist ihre Geschichte für mich so real, weil so viele asiatische Kinder unter so einem Zwang der Eltern sind, was mich immer wieder wütend macht... Dann gibt es noch Frank, der seinen Körper nicht richtig und Kontrolle hat, der trinkt und seinem Vater alles recht machen will, aber nicht kann. Audrey hat eine Narbe am Kopf, als sie versuchen wollte, sich mit der Bratpfanne zu erschlagen und Owen, der Ich-Erzähler hat auch seine tragische Geschichte, die im Verlauf des Buches offenbart wird.

Das Cover ist verdammt gut gelungen, wie ich finde. Auf der Vorderseite der Blick aus einem sargförmigen Grab, auf der Rückseite der Blick darauf. Ein schlichter Blickfang, der schon viel über das Buch aussagt. Beim Titel bin ich da immer noch am Schwanken, einerseits ist er echt super, andererseits verrät er auch schon recht viel. Doch hier in diesem Buch ist tatsächlich der Weg das Ziel, selten hat dieses Sprichwort für mich so zu einem Buch gepasst, wie hier.

Fazit

Albert Borris gibt einen geradezu beängstigenden Einblick in die Reise von vier selbstmordgefährdeten Jugendlichen und ihre Psyche. Einfach nur gelungen.