Rezension

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Herz zu verschenken

Die Tage, die ich dir verspreche - Lily Oliver

Die Tage, die ich dir verspreche
von Lily Oliver

Klappentext:
Wie fühlt es sich an, das Herz eines Fremden in sich zu tragen? Dieser Frage widmet sich Lily Oliver in ihrem bewegenden Roman "Die Tage, die ich dir verspreche".
»Du hast Glück, Gwen, alles wird gut, Gwen.« Seit ihrer Herztransplantation hört Gwen nichts anderes mehr. Doch statt überschäumender Lebensfreude fühlt sie nur Schuld gegenüber dem Menschen, der für sie gestorben ist. Und so fasst sie in einer besonders verzweifelten Nacht einen ungeheuerlichen Plan: Sie will ihr neues Herz verschenken und sterben. Ihr entsprechendes Angebot in einem Internetforum liest dessen Moderator Noah, ein junger Student, der keinen großen Sinn in seinem Leben sieht. Er hält ihr Angebot für einen üblen Scherz, geht aber zum Schein darauf ein. Erst als Gwen am nächsten Tag vor ihm steht, um ihn beim Wort zu nehmen, erkennt er, wie schrecklich ernst es ihr ist. Nur mit einem gewagten Handel und einer furchtbaren Lüge kann er ihr das Versprechen abringen, ein paar weitere Tage durchzuhalten. Tage, in denen Noah alles daran setzen muss, Gwen von etwas zu überzeugen, woran er selbst kaum noch glaubt: Dass das Leben lebenswert ist.

Die Autorin:
Als Kind wollte Lily Oliver Tierärztin werden und wurde dafür von ihrer Künstlerfamilie misstrauisch beäugt. Nach dem Studium stellte sie fest, dass sie zwar die Medizin liebte, nicht aber den Alltag in der Praxis. Also suchte sie etwas, bei dem sie ihre chronische Neugier und ihr Bedürfnis, alles auszuprobieren, besser ausleben konnte. So kam sie zum Schreiben, dem perfekten Beruf, weil er genauso gefühlvoll und vielseitig ist wie sie. Ihr Studium verbucht sie als bereichernde Erfahrung, und ihre Familie weiß nun endlich, woran sie ist.

Meine Meinung:

Es können kleinere Spoiler enthalten sein.

Herz zu verschenken. Gwen, die das Glück hatte, eine Herztransplantation zu bekommen, empfindet nur Schuldgefühle, dieses fremde Herz in sich zu haben. Schließlich lebt sie weiter, und der andere Mensch starb. Da kann ihre Umwelt auch noch so positiv auf sie eingehen und für sie da sein. Sie fasst einen abenteuerlichen Plan: In einer Nacht- und Nebelaktion reist sie zu Noah, von dem sie fälschlicherweise denkt, dass er ihr Herz brauchen könnte. Doch Noah ist nur der Moderator eines Internetforums, der denkt, dass Gwen nicht die Wahrheit sagt, oder gar psychische Hilfe benötigt.
Einmal bei ihm angekommen, versucht er sie davon abzubringen, Selbstmord zu begehen. Und vielleicht ist das Leben ja doch lebenswert.

"Die Tage, die ich dir verspreche" handelt von einer jungen Frau, die trotz einer neuen Chance, die sie bekommen hat (und das sind wahrlich nicht viele Menschen, die diese erhalten, weil sie durch gewisse Kriterien fallen), nicht zu schätzen weiß, welch Geschenk ihr damit  gemacht wurde. Natürlich, Gwen hat Depressionen, verkriecht sich in ihre Gedanken und Gefühle, anstatt sich Hilfe zu suchen. Diese Ausgangssituation ist schlimm und für viele nicht nachvollziehbar. Für mich war sie es schon, denn wenn man tief in einer Depression steckt, ist es schwer, ohne Hilfe wieder herauszukommen. Das fand ich durchaus wirklichkeitsnah beschrieben.

Noah wirkte auf mich sehr oberflächlich. Zuerst einmal kommt Gwen bei ihm an, sagt ihm, dass sie sich umbringen will, und er checkt andauernd ihren Körper ab, und denkt sich, ob sogar, dass er pervers sein muss. Oh man, denkt man in so einer Situation überhaupt an so etwas? Oder ist die Männerwelt wirklich so gepolt? Wenigstens hat er selbst eingesehen, dass seine Gedanken unangemessen waren.
Überhaupt ist mir diese sexuelle Komponente in dem Buch sauer aufgestoßen; Tiefe habe ich nur empfunden, wenn es in die Gefühlsebene ging, die immer mal durchblitzte, ansonsten war mir die Story zu flach, auch wenn die Autorin einen guten Schreibstil hat.

Ich bin Gwen und Noah leider nicht näher gekommen. Auch habe ich seine Intention für das Forum nicht verstanden. Und Gwens Freund tat mir leid. Irgendwie wusste sie all das nicht zu würdigen, was sie hatte.
Noah hätte trotz allem gleich zu Anfang Hilfe für Gwen suchen müssen, denn mit Radtouren und Geocaching kann man so einen Zustand, in dem sich Gwen befand, nicht heilen. Im Gegenteil. Auch wenn Noah ihr zeigte, dass sie ihr neues Dasein zu schätzen lernen sollte, lassen sich Depressionen dadurch nicht einfach abschütteln. Dafür braucht es Zeit und professionelle Hilfe.
Gefallen haben mir die Informationen, die es zum Thema Herztransplantation zu lesen gab.

Leider hat mich das Buch wenig berührt.

2,5 Sterne für die Idee und den Schreibstil.