Rezension

Hier spricht der Rundfunk...

Ein Leben auf der Flucht vor der Koralle, 1 Audio-CD - Max Goldt

Ein Leben auf der Flucht vor der Koralle, 1 Audio-CD
von Max Goldt

Bewertet mit 4 Sternen

Ruth Frau, einst gefeierter Filmstar und später auf die schiefe Bahn geraten, ist wieder "voll da". Junge Regisseure arbeiten mit ihr, und die Jugend verehrt sie als "irgendwie schrillen" Kultstar. Anlässlich des Erscheinens ihrer literarisch fragwürdigen Memoiren gibt sie ihr erstes Interview seit 20 Jahren. Der Rundfunkmoderator ist hin- und hergerissen zwischen ernsthafter Bewunderung und dem Drang, besonders kritische und bohrende Fragen zu stellen. Ruth Frau reagiert darauf gelassen, fast mütterlich und trotzt dem Interviewer nebenbei das Einverständnis ab, eine von ihr herausgegebene CD mit gesanglichen Hervorbringungen ihres verstorbenen vierten Ehemannes zu präsentieren. Sie wickelt den nervtötenden Journalisten mühelos um den kleinen Finger. Zum Schluss kann er nur noch kraftlos japsen: "Danke, Ruth Frau. Danke, dass es Sie gibt."

Bei diesem fiktiven Rundfunkgespräch zwischen einem schleimigen Rundfunkmenschen und einer sympathischen alten Schabracke handelt es sich um eine Aufnahme von 1993, in der Max Goldt selbst beide Rollen spricht sowie drei Lieder de Münchens zum Besten gibt. Wenig Aufwand - große Wirkung. In der 79 Minuten langen Fassung werden zwei Versionen des Interviews präsentiert: einmal mit Gesangseinlagen (was mir deutlich besser gefallen hat), einmal ohne, weil Ruth Frau angeblich besagte CD zu Hause vergessen hat. Zunächst war ich über die zweite Fassung irritiert, aber weil darin auch synthetisches Gelächter vom Band eingespielt wird, könnte man auf die Idee kommen, dass die erste Version die Live-Aufnahme war, die zweite dagegen die gekürzte und überarbeitete Fassung für die Ausstrahlung der Sendung. Ein zusätzlicher Kniff, um auch die Verzerrung der Wahrheit durch die Medien aufs Korn zu nehmen.

Amüsant war das Hörerlebnis jedenfalls allemal. Für mich tatsächlich ein besonderer Fund...

© Parden