Rezension

Historische Fantasy zum Reinfallenlassen.

Elayne. Band 01. Rabenkind - Jessica Bernett

Elayne. Band 01. Rabenkind
von Jessica Bernett

Meinung:

 

Gleich zu Beginn des Buches wird man als Leser in eine Hochzeit hinein versetzt, die in einem kleinen Dorf nahe der Festung Corbenic stattfindet.

Veneva, Elaynes beste Freundin, ging den Bund der Ehe ein. Aus Liebe.

Die Atmosphäre ist beschwingt, die Leute feiern ausgiebig und die ganze Welt scheint für einen Moment glücksgeladen.

Der erste Band wurde also mit Licht eingeleitet, nur um sich im Laufe der Handlung wieder in Schatten zu stürzen, die sich dann wiederum mit hellen Flecken abwechseln und so weiter.

Die Autorin hat einen wunderbaren Geschichtsverlauf erschaffen, der sich rückblickend wie Wellengang beschreiben lässt.

 

Was ich auch direkt am Anfang feststellen durfte:

Ich liebe diesen Schreibstil.

Er ist so einfach wie Atmen.

Mehr möchte ich dazu gar nicht sagen.

 

Elayne, die fünfzehn Sommer jung ist, ist eigentlich eine Prinzessin. Ihr Vater, König Pelles herrscht über die düstere, kaum heimelige Festung von Corbenic, die seit dem Verlust seiner Frau mehr und mehr verkommt.

Einzig Brisen, Venevas Mutter, scheint ein bisschen Leben in die Burg zu bringen, denn sie ist quasi Mädchen für alles - vordergründig jedoch Köchin und Heilerin.

 

Nach ungefähr der Hälfte des Buches konnte ich bereits sagen, wie unglaublich sympathisch mir Elayne trotz ihren jungen Jahren war.

Sie ist ihrer Zeit - in meinen Augen - bereits ein wenig voraus, nicht nur von der Intelligenz, sondern auch von ihren Ethik- und Moralvorstellungen her.

Obwohl sie behütet aufgewachsen ist, legt sie keinerlei Prinzessinnenmanieren an den Tag.

Sie geht fischen, kocht, hilft ihrem Großvater (noch so eine wundervolle Person), kümmert sich um die Tiere, sammelt Zutaten und allen voran: Elayne sorgt sich um die Untertanen.

Eine so wahnsinnig authentische Protagonistin, die sich der Zeit angemessen verhält, in der sie lebt und gleichzeitig aber ein solcher Freigeist ist, dass sie, trotz ihrer christlichen Erziehung, schon extrem emanzipiert wirkt, ist mir lange nicht untergekommen.

Wirklich, ich bin sehr begierig darauf mehr von ihr zu erfahren.

 

Wohin verschlägt sie ihr Weg?

Kann sie ihren Vater alleine lassen?

Ihre beste Freundin und sich auf den Weg nach Camelot machen?

Oder zieht es sie eher zu ihrem Onkel König Urygen und seiner Frau Morgaine?

Und was wird aus ihr und dem Barden Galahad, der circa die Hälfte der Geschichte an Elaynes Seite ist?

 

Fragen über Fragen, die ich vermutlich in Band 2 beantwortet bekomme.

Elaynes Geschichte selbst ist eher von ruhiger Natur.

Ich muss gestehen, dass ich nur in einem Moment wirklich Angst um sie hatte.

Natürlich hat ihr Leben, das man als Leser begleitet, auch seine Höhepunkte.

Aber für mich kamen sie eher sanft und nicht Schlag auf Schlag, was absolut zum Verlauf des Buches passte.

 

Ich könnte noch ewig auf die einzelnen Protagonisten, den Spannungsbogen, ja sogar die Charakterentwicklung eingehen, denn die Worte der Autorin und die Tatsache, dass es ein historischer Fantasyroman ist, bieten ausreichend Platz dafür. Aber ich will hier keinen eigenen Roman schreiben, deswegen gibt es nur noch eine erwähnenswerte Sache, bevor das Fazit kommt.

 

In den Ohren vieler klingen die Worte „historisch“ und „Geschichte“ oftmals dröge und langweilig. Gründe dafür kann ich euch nicht nennen, aber ich vermute, es liegt an der Assoziation mit Daten und Fakten.

Elayne (Rabenkind) ist NICHT langweilig.

ABER (ja, das geht) trotzdem wirkt es super recherchiert (Pikten, religiöse Lebenseinstellung, Sachsenkriege, Skoten, der heilige Gral), authentisch und durch Elaynes Augen auch ein kleines bisschen magisch.

 

Und auch wenn der Name Rabenkind, bis auf die schwarzen Haare und die Erbanlagen der Mutter, noch nicht ganz aufgeklärt ist, tut das der belebten, wie ein Fluss vor sich hingleitenden Geschichte so ganz und gar keinen Abbruch.

Im Gegenteil.

 

Fazit: 

 

Mit Elayne habe ich das vergangene England aus einer anderen Perspektive erleben dürfen. Ihr Herz und ihr Leben sind beflügelnd und beängstigend zugleich. Ein wirklich wundervoller Charakter.

 

Irgendwie habe ich das Gefühl, Band eins war nur die Vorgeschichte zu einem ganz großen Abenteuer, das auf sie und ihre Gefährten wartet.

Es war erfrischend von ihren Monaten und Jahren auf Corbenic zu lesen, mit all den Überraschungen, die in den Wäldern und im Umland auf sie gewartet haben. Sowohl die guten als auch die schlechten.

 

Ich kann diese Geschichte jedem empfehlen, der gut recherchierte historische Romane mag, die sich mit englischen Mythen und Legenden vermischen und der auf ausladende Action verzichten kann.

Begleitet Elayne auf ihrem Weg vom Mädchen zur Frau mit Taktik und Tatendrang. Lauscht den alten Geschichten, verliert euch zwischen Wahrheit und Lüge und seid bereit für Galahad.

 

Ich vergebe 5 von 5 Sterne. 

 

„Sollte das, was in den Liedern besungen wurde, wahr sein, brauchte sich Britannien niemals Sorgen um die Sicherheit der Küsten zu machen. 

Weder die skotischen Piraten noch die sächsischen Barbaren hätten je eine Chance gegen sie. Elayne lächelte bei diesem Gedanken. 

Vielleicht waren die Lieder deshalb voller heroischer Taten. 

Sie schenkten Hoffnung.“

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