Rezension

Historische Science Fiction

Die drei Sonnen 01
von Cixin Liu

Bewertet mit 4 Sternen

Dieses Buch ist anders als alles, was man je gelesen hat und zeigt, dass nicht immer die Amerikaner Schuld sind, wenn die Welt unter geht. Nein, vielleicht kommt ja das Verhängnis aus China. 
Der Grundstein dazu wird schon Ende der 60er Jahre gelegt, als ein streng geheimes chinesisches Forscherteam Experimente macht, um Signale ins All zu senden. Vielleicht kann man tatsächlich Kontakt zu Außerirdischen aufnehmen, vielleicht würde das sogar die Menschheit weiter bringen, wer weiß?

Die junge Astrophysikerin Ye Wenjie stößt durch die Wirren der Kulturrevolution zu diesem Team. Am Anfang des Buches wähnt man sich weit jenseits von Science Fiction und verfolgt gebannt, was die Kulturrevolution mit China und insbesondere seinen Wissenschaftlern macht. 
Fünfzig Jahre später passieren dem Nanowissenschaftler Wang Miao seltsame Dinge, die sein Weltbild auf den Kopf stellen. Ein geheimnisvolles Computerspiel über eine von drei Sonnen beherrschte Welt scheint mit den Vorkommnissen in Zusammenhang zu stehen. 

Cixin Liu schreibt wunderbar, eindringlich, eloquent, süffisant, macht es dem Leser aber nicht leicht. Immer wieder hat man eine geballte Ladung physikalische Details zu verdauen. Das muss man mögen (oder überlesen). Die Handlung springt munter in der Zeit hin und her, mausert sich dann aber zu einem höchst verstörenden Endzeitszenario. 

Braucht die Menschheit gelegentlich ein Reset, um aus seinen Fehlern zu lernen? Darum geht es hier. Und was ist, wenn tatsächlich jemand den Reset-Knopf drückt? Das erfährt man wohl im nächsten Buch, auf das ich sehr gespannt bin.
„Die drei Sonnen“ entwickelt Science Fiktion plausibel aus einem konkreten geschichtlichen Hintergrund heraus. Ein sehr ungewöhnlicher Ansatz, der dadurch aber höchst nachvollziehbar und bedrohlich ist. Wir müssen nicht erst abwarten, bis die Polkappen geschmolzen sind. Es ist schon passiert. 
Macht’s gut und danke für den Fisch.