Rezension

Historischer Grusel

Der schwarze Atem Gottes - Michael Siefener

Der schwarze Atem Gottes
von Michael Siefener

Bewertet mit 4 Sternen

Horror-Romane die im Mittelalter spielen, gibt es nicht allzu viele. Dabei bietet sich dieses Zeitalter doch geradezu an. Was, wenn an Hexerei- und Teufelswerk-Geschichten doch etwas dran ist, wenn wirklich finstere, dämonische Mächte versucht haben in jenen Zeiten die Kontrolle über die Welt zu erlangen. Durchaus Möglichkeiten die kreative Leute interessieren könnten. Stattdessen benutzen die meisten Autoren ihre Phantasie um das Mittelalter so realistisch wie möglich darzustellen (in ihren Augen jedenfalls) und schmücken ihre Geschichten eher mit unrealistischen Liebesgeschichten a la "Die Wanderhure" als mit möglichen phantastischen Elementen.

Michael Siefener versucht sich in "Der schwarze Atem Gottes" aber an einem phantastischen Mittelalter-Roman. Der Roman spielt im ausgehenden 16. Jahrhundert und die Protagonisten sind, wie es sich für einen Genre-Roman der in dieser Zeit spielt, gehört, Mönche. Der Hexenschnüffler Pater Hilarius, der zusammen mit zwei benediktinischen Mitbrüdern, Martin und Suitbertus, im Auftrag der heiligen Inqisition unterwegs ist, wird von Schergen des Grafen Albert von Heilingen angegriffen und gelangt später auch in die Gewalt des Grafen. Ihm wird mitgeteilt, dass er eine herausragende Rolle in der bevorstehenden Apokalypse haben wird, die vom schwarzen Atem Gottes ausgehen wird. Bruder Martin versucht dem Pater zu helfen und bekommt bei der Verfolgung des Paters Unterstützung von einer Straßendirne, einem undurchsichtige Gaukler namens Federlin und einer vagabundierenden Schauspielertruppe. Nach einer lngen Reise aus dem Frankenland wird sich dann im Prag Rudolph II. das Schicksal der Menschheit entscheiden.
Michael Siefener ist zweifelsohne einer der größten Stilisten unter den deutschsprachigen Horror-Autoren der Gegenwart. Das stellt er auch mit diesem Roman wieder unter Beweis. Er schafft es durch teilweise antiquiert wirkende Formulierungen den Leser in das mittelalterliche Zeitalter zu entführen, ohne dabei das Gefühl aufkommen zu lassen, das ganze Buch sei in einer antiquierten Sprache geschrieben. Mitnichten. Die Sprache ist modern, aber die scheinbar gezielt eingesetzten Brüche geben ihr eine Richtung, die das Zeitkolorit glaubhaft machen. So wie es ein gewollt altmodischer Stil oder ein zu moderner niemals schaffen kann.

Auch die Figurenzeichnung ist, bis auf eine Ausnahme, mehr als gelungen. Pater Hilarius ist von Anfang an kein Sympath und wird auch später im Roman mit Wahrheiten konfrontiert, die ihn in seinen Grundfesten erschüttern. Federlin ist bis zum Ende ein undurchsichtiger Geselle und das seine Rolle nicht wirklich aufgelöst wird, passt zu ihm. Der Gegenspieler Albert von Heilingen hat zwar sympathische Züge, aber seine bösen Absichten werden niemals angezweifelt. Auch die kleinsten Nebencharaktere werden recht lebendig gezeichnet. Einzig der "Hauptprotagonist" Bruder Martin durchläuft in meinen Augen keinen logischen Weg. Anfangs ein wahrer Feigling, wird er nach einem Schlüsselerlebnis plötzlich zum mutigen Helden, der dann ohne besonderen Grund wieder zum Feigling mutiert usw. Das wirkt nicht homogen.

Alles in allem also ein sehr empfehlenswerter Roman. Zwar wird nicht allerhöchste Pageturner- Spannung geboten, aber der Spannungsbogen bewegt sich unaufhaltsam seinem Höhepunkt entgegen und fesselt eher unaufdringlich. Die Folterszenen sind recht plastisch beschrieben und nichts für Leser mit schwachem Magen.

Fazit: Stimmungsvoller historischer Horror auf hohem Niveau.