Rezension

Historisches Flair, diplomatische Verwicklungen und tiefe Gefühle einer Ménage à trois

Demnächst in Tokio - Katharina Seewald

Demnächst in Tokio
von Katharina Seewald

Bewertet mit 5 Sternen

Thrill, Spionage, Spannung, Liebe vereint zu einem Roman, hervorragende Recherche liefert Einblick in den historischen Background. Katharina Seewald gelingt mit "Demnächst in Tokio" beides inklusive Liebe in Zeiten des Nationasozialismus, eine Amour fou vor exotischer Kulisse. Als die 18 jährige Elisabeth von einem Tag auf den anderen den deutlich älteren Ernst Wilhelm heiratet und ihm aus dem heimatlichen München ins ferne Japan folgt, beginnt für sie ein völlig neues Leben. Plötzlich Diplomatengattin in Kriegszeiten, muss sie ihren Weg unter Menschen finden, deren Fühlen und Handeln sie nicht versteht. Und auch das Zusammenleben mit einem gestandenen Mann wie Ernst ist für die junge Elisabeth eine Herausforderung. Umso erleichterter ist sie, als Ernst zu einem angenehmen, zurückhaltenden Begleiter in ihrer neuen Heimat wird. Dazu das fremde Tokio und die Botschafterkreise, vieles täuscht darüber hinweg, dass ihr Eheleben so anders ist. Von 1934 bis 1942 war sie mit ihrem Mann in Tokio, Ernst Wilhelm war dort erst Militärattaché und später Botschafter. Bis eines Tages Alexander Arendt auftaucht, ein Journalist und enger Freund von Ernst. Er fasziniert Elisabeth ungemein. Doch auf einmal gibt es Heimlichkeiten und Getuschel in der Botschaft, während sich die national-sozialistische Ideologie auch dort immer weiter ausbreitet. Aber Ernst Wilhelm ist kein Nazi, auch Alexander nicht. Als der Krieg in Japan schließlich seine böse Fratze zeigt, wird Alexander verhaftet, und Elisabeth und Ernst von Traunstein fliehen nach Peking ins Exil. Mit historischer Präzision und viel psychologischem Gespür zeichnet die Autorin in ihrem Roman die fesselnde Geschichte einer Ménage à trois in Zeiten des Nationalsozialismus. Als wäre man dabei gewesen, sieht man Elisabeth in der Auffahrt zur Botschaft stehen, an einem Tag im Herbst. Der Ahorn war wie ein Meer aus Flammen. Oder im Sommer, wenn sie in Akiya waren, und auf diese Stadt hinüber sahen. Wie viele Male sie dort draußen saßen, vor den Schattenhäusern, auf deren Dächern das Moos in dicken Polstern wuchs, man sitzt auch dabei, liebt genau wie sie dieses diffuse Licht, das sich morgens durch die papierbespannten Türen schlich, als würde es fürchten, sie zu stören. Die Autorin erzählt hier ein Stück deutsche Geschichte, geschickt verpackt in einen Agententhriller und eine Liebesgeschichte. Die Gradwanderung zwischen Realität und Fiktion gelingt ihr mit Bravour. Die Lebensbeschreibungen aller drei historisch verbürgten Persönlichkeiten nimmt 1934 ihren Anfang. Im Verlauf mischt Katharina Seewald gekonnt Fakten und Erdachtes der einzelnen Biografien und verbindet mit ihnen auch immer wieder ein Stück Zeitgeschichte. Sie hat die Lebensläufe exakt recherchiert und zu einem zeitgeschichtlichen, gut zu lesenden Roman verwoben und sie schafft es wunderbar uns für ihre Figuren einzunehmen. Man lebt mit ihnen und teilt Freud und Leid. Interessante Lebenswege. Wunderbar! Was das Buch aber vorrangig auszeichnet, ist die gute, einfache Sprache, die angenehm leicht fließt und niemals geschraubt oder künstlich ist. Immer formuliert die Autorin angenehm zurückhaltend und beschreibt die Begebenheiten in einfachen, klaren Sätzen, die das Lesen zum Vergnügen machen. Ein spannender, gut konstruierter Roman mit einem historischen Hintergrund. Lässt sich klasse lesen! ... Daumen hoch. Durch die geschichtlichen Verknüpfungen ist das Buch darüber hinaus interessant und anregend und Liebhabern literarischer Werke genauso wie Lesern von Lebensbeschreibungen sehr zu empfehlen.