Rezension

Hochemotional geht es weiter mit Lila und Lenù

Die Geschichte eines neuen Namens - Elena Ferrante

Die Geschichte eines neuen Namens
von Elena Ferrante

Bewertet mit 3 Sternen

Nun geht es weiter mit Lila, Lenù, dem Rione und seinen Bewohnern. Mit Spannung habe ich diese Fortsetzung erwartet, die quasi nahtlos an den Vorgängerband anschließt. Obwohl mir der zweite Teil weniger gefallen hat, spürte ich auch hier wieder diesen Sog aus Sprache und Emotion, der mich vieler Längen zum Trotz doch irgendwie an die Geschichte gefesselt hat.

Die am Ende des ersten Bandes so überstürzt geschlossene Ehe endet wie erwartet im Desaster. Aber es zieht sich über viele Seiten hin, bis es zum tatsächlichen Bruch kommt.

Vielleicht liegt es am Alter, in dem die Protagonisten inzwischen sind, aber hier schien mir alles noch viel mehr mit Emotion aufgeladen als zuvor. In dem Auf und Ab der seltsam ambivalenten Freundschaft beider Mädchen, nun fast schon Frauen, liegt eine unglaubliche Intensität, der oft etwas Zwanghaftes anhaftet. Elena lebt das Leben,  das Lila sich gewünscht hat, für das sie sich bestimmt fühlte. Lässt sich das als Auslöser bzw. Entschuldigung für das ganze Unglück und „Getriebensein“ festmachen? Sie sprechen so gut wie nie darüber, und doch steht das die ganze Zeit zwischen ihnen. Die gegenseitigen Quälereien und Verletzungen zermürben, nicht nur die zwei „Freundinnen“, auch mich als Leserin. Das pubertäre Gezicke über (zu) viele  Seiten hinweg fand ich zunehmend eintönig, mir war das zu viel „Teenager-Emotionswirrwarr“ und vor allem zu breit ausgeführt.

Im Rione sind aus den Kindern von einst junge Erwachsene geworden, mit jeder Menge Beziehungsverflechtungen untereinander (hier waren die Familien-Übersichten wirklich hilfreich). Die Streitereien sind jedoch geblieben, lediglich auf einer neuen Ebene. Nun geht es um Dinge wie Geld, Karriere und Statussymbole, manchmal auch um politische Grundeinstellungen. Hier hat sich die Geschichte für mich an einigen Stellen in Belanglosigkeiten und Wiederholungen verloren. Die endlosen und immer bittererer werdenden Auseinandersetzungen im Rione verbreiten eine deprimierende Atmosphäre von Unglück und Ausweglosigkeit, obwohl es durchaus andere Möglichkeiten gäbe.

Lenùs erfolgreiches Streben nach Bildung und Wissen lässt sie an den Rand der Geschehnisse im Rione rutschen. Ein bisschen auch aus Selbstschutz löst sie sich von Lila und deren zerstörerischer Ader. Rückblickend kann ich sagen, dass ich die Passagen, die sich mit Elena und ihrem Weg beschäftigen, lieber gelesen habe. Bewundernswert, wie sie sich durchkämpft. Leicht wird es ihr, dem Mädchen aus dem Armenviertel, nicht gemacht. Von dem Melodram um Lila und ihren Obsessionen habe ich mich zeitweise erdrückt gefühlt. Und das Beziehungsdurcheinander im Rione fand ich einfach anstrengend.

Mit meinem Fazit zu diesem zweiten Teil bin ich ein bisschen hin und hergerissen. Stellenweise war ich eher genervt und nicht sicher, ob ich wirklich noch wissen will, wie und warum Lila mit 66 Jahren aus ihrem Leben verschwindet. Die Figur Lila und ihr Schicksal haben mich bei weitem nicht mehr so fasziniert wie zu Beginn der Saga.

Trotzdem habe ich auch „Die Geschichte eines neuen Namens“ nicht ungern gelesen, wobei mich hier die Entwicklung Lenùs mehr interessierte. Tja, und dann natürlich das Ende, das neugierig auf die Fortsetzung macht *g*.