Rezension

Hohe Erwartungen werden nicht erfüllt

AchtNacht
von Sebastian Fitzek

Bewertet mit 3.5 Sternen

So schnell erscheint nach dem letzten Buch „Das Paket“ ein neuer Thriller vom Thrillerkönig Deutschlands! Ich war sehr gespannt und habe das Buch daher auch sehnlichst erwartet und innerhalb kurzer Zeit verschlungen.

Zum Inhalt:

Eine Website ruft dazu auf, einen Todeskandidaten zu nominieren, der am 8.8. um 20.08 Uhr für zwölf Stunden „vogelfrei“ ist, d.h. unabhängig vom deutschen Rechtssystem verfolgt und getötet werden darf. Demjenigen, der den Nominierten tötet, winken 10 Millionen Euro Belohnung.

Soweit Fitzeks „Gedankenexperiment“, das er aufgrund einer Inspiration durch den Film „The Purge“, der mir unbekannt ist, in seinem neuen Thriller für eine hanebüchene Story zugrunde legt. Es gibt um Halbwahrheiten und darum, ob einzelne Menschen bzw. die breite Masse bereit ist, ihre Moral für eine gewisse Zeit komplett auszuschalten, eine Person zu jagen und zu töten.

 

Meine Meinung:

In Teilen bringt das Buch zuviel „Action“, ist eigentlich eine reine Verfolgungsjagd. Die typischen „fitzek´schen“ Dialoge und Wendungen kommen zunächst zu kurz.

Dafür gibt es marginal im ersten Teil des Buches kleine „Cliffhänger“ am Kapitelende, die teils etwas reißerisch wirken, wie aus einer billigen Seifenoper entnommen.

 

Was mir missfallen hat, ist die Figurenzeichnung, die durchgehend oberflächlich wirkt. Sind die Charaktere in den übrigen Fitzekbüchern in den meisten Fällen sehr vielschichtig, so zeigen sich hier nur schwarz und weiß. Dies ist mir nicht tiefgründig genug und ich habe an vielen Stellen die Augen verdreht. Die Hauptfigur Ben beispielsweise, ein abgehalfterter, gescheiterter Musiker (Drummer) ohne Geld und festen Wohnsitz, eine gescheiterte Existenz, die von seiner Freundin getrennt ist, sie aber immer noch liebt, scheint dazu auch noch naiv. M. E. ist dieser Mensch kaum glaubwürdig beschrieben.

 

Die ersten 150 Seiten etwa hatte ich den Eindruck, dass der Aufbau der Geschichte etwas konfus und ungeplant ist. Dann erst fesselt der Fortgang der Handlung, da immer mehr fitzek-typische Überraschungen (Die Fragen „Wer hat mich nominiert?“ „War der Unfall meiner Tochter wirklich ein Unfall?“ und Ansätze von Antworten darauf) auftauchen. Im ersten Teil fehlen einfach viele der sonst typischen Dialoge, die das Geschehen auflockern oder spannend machen. Es gibt viele eigenartige Formulierungen, teilweise eine mir zu einfache, lieblose Sprache und der Autor verliert sich in unnötigen Erläuterungen, als wenn der Leser zu dumm wäre, bestimmte Zusammenhänge zu verstehen.

 

Zur Thematik ist zu sagen, dass das Buch sicherlich interessante Gedankenanstöße zum Thema „Internet-Hype“ und „Hetze in sozialen Netzwerken“ bietet, diese werden aber nicht differenziert genug beleuchtet. Die Themen Kindesmissbrauch, Mobbing usw., die auch schon in anderen Büchern thematisiert wurden, ermüden beim Lesen. Es scheint gezwungen, dass Fitzek diese Themen in diesem Zusammenhang anschneidet. So kommt die psychologische Betrachtung des Phänomens (massenpsychologischer Virus) zu kurz, andere Aspekte, die nichts mit dem Thema zu tun haben, werden hingegen beleuchtet, was für mich nicht zwingend zusammen passt.

 

Dennoch habe ich das Buch sehr schnell gelesen, der Schreibstil ist – wie immer – flüssig, so dass das Buch leicht und zügig zu lesen ist. Zu gerne will man doch wissen, wie die Geschichte endet.

Die Auflösung enttäuscht jedoch – hier hätte ich mir mehr von den unendlichen fitzek´schen Wendungen, die noch einmal alle miteinander verschlungen sind, gewünscht. Mittlerweile sind bestimmte „Lösungen“, die Fitzek anbietet, abgenutzt.

 

Fazit:

Ein Thema, das hohe Erwartungen weckt, die Fitzek in seiner hier angebotenen Verarbeitung aber nicht erfüllen kann. Definitiv nicht sein stärkster Thriller. „Das Paket“ war im Vergleich dazu Klassen besser und auch seine frühen Werke haben mich viel mehr in den Bann gezogen.