Rezension

Hohelied auf einen Kämpfer

Das Lied des Blutes - Anthony Ryan

Das Lied des Blutes
von Anthony Ryan

Bewertet mit 5 Sternen

Fantasy mit Kriegern, Königen, Intrigen, Superkämpfern, ein bisschen Magie und Liebe - klingt das für euch genauso langweilig und schon millionenfach dagewesen wie für mich? Ja? Seid willkommen im Club der Skeptiker und nehmt zur Kenntnis: Ich - meines Zeichens nörgelnder Oberskeptiker vom Skeptikerorden bin von meinem hohen Ross gefallen (erst wollte ich Wolke schreiben, aber zu diesem Buch passt so ein Streitross wirklich besser!).

Und was für ein Streitross das ist, von dem ich gefallen bin! Es tritt, es beißt, es spuckt, es kämpft, es ... ach, verdammt, ja, ich gebe es zu, ich liebe es. (Extra ohne Ausrufezeichen, denn ich bin NICHT begeistert. Also gut, vielleicht ein bisschen. Etwas. Ganz schön. Ziemlich. - Jetzt ist aber Schluss, sonst hole ich noch die Cheerleadingpompoms raus!)

Worüber bin ich eigentlich so begeis... Ich meine, was finde ich denn hier ziemlich gut? Es ist die Geschichte von Vaelin al Sorna, der als Kind zum 6. Orden (so eine Art kämpfende religiöse Supertruppe) gebracht wird und dort zum besten und gefürchtesten Kämpfer des Reiches ausgebildet wird. Himmel, ich weiß. Das klingt alles wie aufgewärmter Kaffee mit Stinkefüßen, aber ich kann es nicht anders beschreiben, denn prinzipiell ist es genau das, was in dem Buch erzählt wird. Al Sorna selbst erzählt uns (bzw. einem Geschichtsschreiber auf einem Schiff, das ihn zu (s)einem letzten (!-?) Kampf bringen soll aus seinem Leben. Wir lernen ihn als 11jährigen Burschen kennen, begleiten ihn und seine "Brüder" (andere Jungen seines Alters, die mit ihm ausgebildet werden) von den schwierigen Anfängen bis zur Vollendung seiner Ausbildung, wobei sich schnell abzeichnet, dass der Bursche etwas Besonderes ist. Ist er ein Gary Stu? Du meine Güte, natürlich ist er das. Er ist der beste Schwertkämpfer, der geborene Anführer, derjenige, der bereits in jungen Jahren hervorragend kämpfen kann, aber ... und dieses Aber hätte eigentlich ein Ausrufezeichen verdient, geschickterweise ist er nie überall der Beste. Nur im Schwertkampf und im Anführen. Ansonsten können ihn seine Mitbrüder überall auch einmal abzocken, was immer wieder schön zu lesen ist.

Überhaupt "schön zu lesen". Das ist dieser Wälzer nämlich. Normalerweise brauche ich für 800 Seiten schon mal mehr als drei Tage. Dieses Buch habe ich innerhalb von zwei Tagen gefressen. Trotz dessen, dass es hier eigentlich nichts Neues unter der Sonne gibt, aber was präsentiert wird, ist so einzigartig fesselnd geschrieben, dass zumindest ich kaum das Buch aus der Hand legen konnte. (Ehrlich, ich hasse diesen bescheuerten Satz, er ist so völlig ohne Aussagekraft, aber ausnahmsweise fiel mir nichts Besseres ein.) Es liegt vor allem an der Gestaltung der Protagonisten. Al Sorna ist die Hauptperson, aber alle anderen (und nehmt euch in Acht, es kommen verdammt viele Leute vor, da werden die Ersten wieder was zu jammern haben) sind so herrlich lebendig beschrieben worden, dass ich sie vor mir sah. Ich legte mit diesen Jungs die Prüfungen ab, ließ mich in Kämpfe verwickeln, fluchte über den Rohrstock verschiedener Meister des Ordens, die ihn auf meinem Rücken tanzen ließen, und konterte einem intriganten König. Nun ja, nicht immer, so ein König sitzt an einem ganz schön langen Hebel. Aber verdammt, im Rahmen meiner Möglichkeiten ... ups. Ich meine, al Sorna machte im Rahmen seiner Möglichkeiten immer das Beste daraus. Wie auch der Autor, der mich einfach auf Seite Zwei abgeholt und mitgenommen hat auf diesen Fantasytrip.

Richtig gut haben mir auch die verschiedenen Zeitebenen gefallen, die geschickt eingearbeitet wurden und die sich zum Schluss kunstvoll ineinander fügen. Dass sich dabei noch herausstellte, dass al Sorna dem Geschichtsschreiber eine geringfügig andere Geschichte erzählte als uns, machte das Ganze einfach perfekt. So, jetzt habe ich es gesagt: perfekt. Denn das ist dieses verdammte, perfekte Fantasybuch.

Nehmt also als Fazit: Absolut meins. Ich will den verdammten, hoffentlich ebenso perfekten zweiten Teil (obwohl das Buch hier durchaus auch allein stehen könnte, wenn es sein müsste), und ich will ihn jetzt. Vaelin al Sorna, progue te salutat. Wir sehen uns.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 16. September 2014 um 09:55

Ich denke, du bist gegen Gewalt, meine Süsse?! Und dann werden diese kleinen unschuldigen Jungs zu Kämpfern ausgebildet, statt dass sie mit ihren Plastikdinos spielen dürfen? Und du magst es? Eieiei. Wahrscheinlich weil du darüber Zeit und Raum vergessen hast. Klingt nach einem großartigen progue-Lesevergnügen.