Rezension

Hollywood - Eine Traumfabrik im Schatten

MUTIG - Rose Mcgowan

MUTIG
von Rose Mcgowan

Rose McGowan hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Welt über die Verlogenheit Hollywoods aufzuklären. Mutig und ohne viel Geschnörkel erzählt sie aus ihrem Leben. Davon, wie sie als Kind in einer Sekte mit ihrer Familie aufwuchs, wie ihre Mutter und ihr Vater sie herumschubsten und immer wieder enttäuschten. Davon, wie sie für den Film entdeckt wurde und sie immer irgendwie an die falschen Männer geriet, bis sie mit Anfang 40 plötzlich ihr Leben überdachte.
In dem Alter sind die Frauen in der Traumfabrik sowieso meistens abgeschrieben, sofern man nicht Meryl Streep oder Sigourney Weaver heißt. Also ist dann die Zeit da, in der man sich endlich wehrt und nicht mehr alles hinter der Kamera mitmacht, um im Gespräch zu bleiben und Rollen zu erhaschen.

McGowan berichtet in einem recht einfachen Schreibstil, dass sie nie die Wahl hatte, ein anderes Leben zu führen. Da frage ich mich ernsthaft, warum? Sie zog, als sie erst 15 war, mit einem reichen, drogensüchtigen Kerl zusammen, aber verlassen konnte sie ihn nicht. Sie hätte ja sonst auf der Straße gestanden.
Wie wäre es mit einem Job und einer eigenen Wohnung gewesen? Sorry, aber solche Frauen machen es sich zu leicht, Entschuldigungen zu suchen.
Vielleicht gehört sie auch zu dem Typ an, der immer vergebens nach der großen Liebe suchte und sie nie fand, weil sie bei den falschen Männern blieb.
Ob nun Marilyn Manson, der Schock-Rocker, der später kein gutes Haar an ihr ließ - warum, kann sie sich nicht erklären - oder Robert Rodriguez, Macho-Regisseur, krankhaft eifersüchtig, der ihr das Leben zur Hölle machte und sogar mit dem "Monster", so wie sie Weinstein in ihrem Buch betitelt, weiter arbeitete.
McGowan regt sich darüber auf, dass sie mit Rosario Dawson, Co-Schauspielerin aus "Death Proof" nur mit einem Patronengrürtel auf dem "Rolling Stone"-Magazin posieren musste, läuft aber halbnackt mit Manson über den roten Teppich.
Vieles, das sie erlebt hat, hat sie sich selbst aufgedrückt, und zwar diesen für immer anhaftenden Stempel, dass sie keine tragenden Rollen bekam, sondern eben das leichtbekleidete Starlet war.

Was das "Monster" getan hat, ist unentschuldbar, keine Frage. Über 70 Frauen haben Anklage gegen ihn erhoben. Er ist seinen Job los, seine Produkktionsfirma steht in Insolvenz und auch so ist er ein geschlagener Mann - zurecht. Jedoch hat Hollywood das und noch vieles andere jahrzehntelang geduldet.
Die Regisseure, andere Produzenten, die Agenten und Crews der Filme, die Bosse und die kleinen und großen Schauspieler. Nicht nur Männer, auch Frauen, alle wussten Bescheid und haben geschwiegen. Auch sie sind mit verantwortlich, dass es so weit kommen konnte.
Keiner will den amerikanischen Traum aufgeben und der Buh-Mann sein, keiner will seinen lukrativen Job verlieren und lieber ein Stück von dem vergifteten Kuchen abbekommen, auch wenn dieser langsam innerlich tötet.
Und McGowan war nie der große Star, man kennt sie und sah sie in "Scream" sterben, sie rennt durch "Planet Terror" mit ihrer Waffen-Prothese und ballert um sich, und spielt eine Hexe in "Charmed" über fünf Jahre, obwohl sie die Serie hasst. Dabei entschuldigt sie sich noch artig bei ihren Fans und dankt für das Zusehen.
Nun, dafür empfinde ich kein Mitleid und Verständnis.
Ach, und falls man es noch nicht weiß: Jeder, der eine Serie gern schaut und sich danach darüber austauscht, ist in einer Sekte. McGowan übertreibt hier deutlich ihren Hollywood-Hass.

Abchließend bleibt zu sagen, dass das Buch keine großen Überraschungen mehr bietet. Schon immer kursierte das Gerücht der "Besetzungscouch", und für die Wahl der Männer ist jede Frau selbst verantwortlich. Manche wollen eben jemanden bezirzen, der sie im Olymp der Mächtigen nach oben berfördert und muss dafür dann einen Preis zahlen, wenn man wieder nach unten fällt.
Die starken Frauen, die die weiblichen Stars in ihren Geschichten verkörpern, sollten sie auch im wahren Leben sein. Und dort nicht ebenfalls Rollen spielen, nur um an dem Gefüge nichts zu ändern.
In einer von Männern dominierten Welt wird es Zeit, dass sie auch mal den Ton angeben.

Umso schöner, dass McGowan jetzt zu sich gefunden hat. Hinterher ist man immer schlauer.
Mutig war es von ihr dennoch, Licht ins Dunkel zu bringen und eine Änderung herbeizuführen und somit ihr Leben zu reflektieren, anderen Zuspruch zu geben und somit auch ihr Erlebnis mit Weinstein ein bisschen mit und durch die Öffentlichkeit zu verarbeiten.

3 Sterne.