Rezension

Ich habe dieses Buch von der ersten bis zur letzten Seite geliebt

Kranichland - Anja Baumheier

Kranichland
von Anja Baumheier

Bewertet mit 5 Sternen

Allgemeines:

Autorin Anja Baumheier wurde 1979 in Dresden geboren und hat ihre Kindheit in der DDR verbracht. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Berlin und arbeitet als Lehrerin für Französisch und Spanisch an einer Berliner Schule. Kranichland ist ihr erster Roman. Er ist am 13.03.2018 bei Wunderlich (Rowohlt Verlag) erschienen und umfasst 430 Seiten.

Inhalt:

Eine packende Familiengeschichte über das geteilte Deutschland und die Mauern in unseren Herzen.
Die Groen-Schwestern wachsen im Ost-Berlin der sechziger Jahre heran. Unterschiedlicher könnten die beiden Mädchen nicht sein: Charlotte, die ältere, brennt ebenso für den Sozialismus wie ihr Vater Johannes, der am Ministerium für Staatssicherheit Karriere macht. Die künstlerisch begabte Marlene hingegen eckt überall an und verliebt sich Hals über Kopf in Wieland, einen Pfarrerssohn, der die DDR kritisch hinterfragt. Mit jedem Tag wächst die Sehnsucht nach einem Leben in Freiheit. Als das junge Paar beschließt, in den Westen zu fliehen, trifft Marlenes Vater eine Entscheidung – mit fatalen Folgen, die noch Jahrzehnte später spürbar sind …
„Kranichland“ erzählt anhand des bewegenden Schicksals der Familie Groen fast achtzig Jahre deutsche Zeitgeschichte: von Bombennächten und Vertreibung, Wiederaufbau und Gründung der DDR, über das geteilte Deutschland und die Wende bis heute. (Quelle: Rowohlt Verlag)

Meine Meinung:

Kranichland ist zurzeit in vielen Feuilletons zu finden und wird anlässlich der Leipziger Buchmesse hochgelobt. Zurecht, wie ich finde.

Eigentlich gibt es schon so viele Romane, die die Wendezeit, den Mauerfall beschreiben. Auch im Fernsehen ist durch die Serie Weißensee oder die Verfilmung von Tellkamps Der Turm eine eindrucksvolle Darstellung dieses Themas erfolgt. Warum also nun wieder ein Wenderoman? Weil er einfach gut ist! Richtig gut!

Die Handlung beginnt im Jahr 1936 mit dem Geburtstag des kleinen Johannes, der anders verläuft als gedacht, weinen möchte man mit diesem Jungen. Die andere Zeitebene ist „heute“. Im Handlungsverlauf nähern beide Zeitstränge sich einander an. Man muss als Leser sehr aufmerksam sein, um nicht durcheinander zu kommen, so kann man aber auch jede Seite genießen. Außerdem ist man immer darüber informiert, wo man sich zeitlich befindet, da auf jeder Seite Ort und Jahr angegeben sind.

Es sind anfangs viele Personen, die man sich merken muss, man blättert des Öfteren zurück, um sich besser erinnern zu können. Das gibt sich allerdings bald und man taucht ein in die Welt der Schwestern Charlotte, Marlene und Theresa. Stück für Stück puzzelt man sich die Zusammenhänge zusammen, wird wieder zurückgeworfen, weil doch alles anders ist, als man denkt. Sehr gut konstruiert! Ein anderer wichtiger Aspekt von Kranichland ist der zeitgeschichtliche. Eine Familie mit vielen Charakteren, die unterschiedliche Meinungen zu Sozialismus, Unterdrückung und Demokratie haben. Jeder ist von seinen Lebenserfahrungen geprägt und entscheidet auf dieser Grundlage. Sehr realistisch und glaubwürdig! Ein gutes Beispiel für die Herausforderungen des Alltags ist die folgende Unterhaltung zwischen Marlene und ihrem Jugendfreund Wieland:

   „Auf dem Kieker haben? Was meinst du damit?“

„Na ja, nicht bei den Pionieren, keine Jugendweihe. Und dann mein Artikel über Dubček. Ich          weiß, ich bin zu weit gegangen, und es ist ein Wunder, dass ich nicht geflogen bin. Aber trotzdem, auch wenn ich noch so gut in der Schule bin, werden sie mich nicht zur Uni lassen. Das war bei Lars genauso. Er wollte eigentlich Medizin studieren. Und jetzt arbeitet er als Friedhofsgärtner ins Weißensee.“ (S. 160)

Das Buch hat eine schöne Sprache, man merkt Baumheier an, dass Worte ihr wichtig sind. Sie schreibt sachlich und direkt, kein Wort dort, wo es nicht hingehört – Lesegenuss pur. Ihre Charaktere sind gut konstruiert, jeder hat gute sowie weniger gute Seiten. Das Cover scheint mir symbolische Bedeutung zu haben: Zwei Frauen, eine blond, die andere dunkel, beide nicht zu identifizieren, beide schauen aufs Meer. Man kann denken, sie stehen für das geteilte Deutschland, sind aber geeint durch ihre Sehnsüchte. Eine schöne Vorstellung!

Fazit:

Ich habe dieses Buch von der ersten bis zur letzten Seite geliebt.