Rezension

Ich habe mich in eine Henkersfamilie verliebt ...

Die Henkerstochter und der Rat der Zwölf - Oliver Pötzsch

Die Henkerstochter und der Rat der Zwölf
von Oliver Pötzsch

Bewertet mit 5 Sternen

 

1672: Der Schongauer Henker Jakob Kuisl ist in den Rat der Zwölf, einer Versammlung der Henkerszunft, berufen worden, und reist mit seiner Familie zur Sitzung nach München. Einmal in München, hoffen die Kuisls darauf, ein paar familiäre Anliegen erfüllen zu können: Magdalena hofft auf einen guten Schulplatz für ihren ältesten Sohn Peter, ihr Mann Simon wünscht sich einen bekannten Arzt treffen zu können, der sein Traktat veröffentlicht, und Kuisl selbst würde gerne seine Tochter Barbara unter die Haube bringen.

In München erwartet sie jedoch zunächst anderes: Morde an jungen Frauen, falsche Münzen und verschwundene Schoßhündchen.

Ich habe einmal wieder eine Buchreihe mittendrin angefangen, denn dies ist bereits der siebte Band um die Henkersfamilie, deren Nachfahr der Autor ist. Auch ohne die Vorgängerbände zu kennen, hatte ich einen guten Einstieg in den Roman, ja, er packte mich von Anfang an. Es ist also kein Nachteil, erst später einzusteigen, allerdings machen Anspielungen und Verweise auf frühere Bände sehr schnell Lust, diese auch zu lesen.

Dass ich mich so schnell heimisch fühlte, liegt vor allem daran, dass mir Jakob Kuisl und seine Familie sehr schnell sympathisch waren. Der Kriminalfall selbst findet erst später seinen Weg zu ihnen, zunächst lernt man die Familie kennen und lieben. Da ist z. B. Magdalena, Kuisls ältere Tochter, die ihre drei Kinder allesamt sehr liebt, auch wenn sie das eine oder andere Problem mit ihnen hat: Paul, der Rumtreiber, Peter, der gerne lernt, aber von seinen Klassenkameraden gemobbt wird, und Sophia, die mit einem Klumpfuß geboren wurde, der ihre Zukunft nicht gerade rosig erscheinen lässt. Auch Barbara, Magdalenas Schwester hat ihr Päckchen zu tragen. Ihre Probleme machen die Familie zu einer ganz normalen, man kann sich sehr schnell mit ihr identifizieren. Dass Jakob Kuisl Henker ist, die Familie dadurch eben doch nicht ganz normal, wird einem immer einmal wieder bewusst, man kann es aber auch immer wieder vergessen.

Der Fall ist sehr spannend, eigentlich sind es ja gleich mehrere, die die gesamte Henkersfamilie auf Trab halten, und die immer mal wieder ineinandergreifen. Alle Fälle sind am Ende perfekt gelöst, und warten teilweise mit Überraschungen auf, manche Überraschung lässt mich sogar ein bisschen traurig zurück. Auch die persönlichen Belange werden gelöst, ebenfalls nicht immer so, wie zunächst vermutet. Erzählt wird aus verschiedenen Perspektiven, so dass man als Leser immer mittendrin ist im Geschehen. Hin und wieder gibt es auch recht humorvolle Szenen, z. B. als einige der Protagonisten einen Kostümball heimsuchen.

Gut gefallen hat mir auch, dass verschiedene historische Persönlichkeiten, zum Teil auch als handelnde Personen, auftreten, wie z. B. der Arzt Malachias Geiger oder Kurfürstin Henriette Adelaide und ihr Sohn Max Emanuel.

Wie ich es bei einem historischen Roman mag, hat auch dieser einige Extras zu bieten: Zwei Karten des München jener Zeit, ein Personenverzeichnis, einen Stammbaum der Henkersfamilie, ein interessantes Nachwort des Autoren sowie einen kleinen Münchner Stadtführer „Auf den Spuren der Henkerstochter“.

Schon nach wenigen Seiten war ich ein Fan der Familie Kuisl, mir hat der Roman sehr gut gefallen und mich ebenso gut unterhalten. Ich freue mich nun darauf, die Vorgängerbände zu lesen und hoffe auf viele weitere Bände. Für Freunde historischer Kriminalromane ist die Reihe auf jeden Fall sehr zu empfehlen!