Rezension

Ich hatte meine Schwierigkeiten ...

Plötzlich Rabenmutter? - Lisa Frieda Cossham

Plötzlich Rabenmutter?
von Lisa Frieda Cossham

"Plötzlich Rabenmutter" von Lisa Frieda Cossham ist 2017 bei Blanvalet erschienen.

 Zum Inhalt: Lisa Frieda Cossham wird mit 22 Jahren, während ihres Studiums, schwanger. Auch das zweite Kind kommt, während sie noch studiert. Beide Kinder sind gewollt und geplant. Sie führt mit Jan eine glückliche und gleichberechtigte Ehe, bis sie sich eines Tages in jemand anderen verliebt und ihre Familie verlässt. Fortan sieht sie ihre Töchter nur noch jede zweite Woche und muss sich mit einem veralteten Mutterbild auseinander setzen. Zunächst schreibt sie über ihr Erleben in einer Kolumne, später dann in diesem vorliegenden Buch.

Zunächst muss ich sagen, dass ich persönlich den Titel irreführend finde. Hatte ich doch damit gerechnet, dass Cossham tatsächlich ihre Familie verlässt und ihre Kinder fortan evtl. nur noch einmal im Monat oder in den Ferien sieht. Dem ist aber nicht so. Die Autorin und ihr Exmann sind so emanzipiert und verstehen sich nach einer gewissen Zeit auch so gut, dass die beiden sich tatsächlich die Kinder teilen. Dies sieht in der Praxis so aus, dass die Töchter jeweils im Wechsel eine Woche beim Vater und die nächste Woche bei der Mutter leben.

Bis es soweit kommt, sieht sich die Autorin vielen Fragen und Zweifeln, teilweise auch Anfeindungen ausgesetzt. Cossman fühlt sich schuldig, alleine und versucht den Kontakt zu ihren Kindern nicht zu verlieren. Wie kann sie den Ansprüchen ihrer Kinder und denen sich selbst gegenüber gerecht werden? Als Lösung versucht sie immer wieder sich selbst und ihre Bedürfnisse zu reflektieren, aber gleichzeitig auch die ihrer Kinder nicht außer Acht zu lassen..

Ehrlich gesagt hatte ich einige Schwierigkeiten mit dem Buch. Zum einen bin ich der  Meinung, dass sich Cossham immer wiederholt mit ihrem Reflektieren, ihren Fragen an sich und wie sie sich selbst in ihrer neuen Mutterrolle gerecht werden kann. Das wird auf Dauer etwas langatmig. Für mich hat sich die Frage nach dieser „neuen“ Mutterrolle irgendwie auch gar nicht gestellt (nun bin ich allerdings auch in der glücklichen Lage, verheiratet zu sein und mir gewisse Fragen nicht stellen zu müssen. Dafür stelle ich mir wahrscheinlich andere Fragen, was mein Mutter-Dasein betrifft – und tun wir Mütter das nicht sowieso immer auf irgendeine Art und Weise? Und ich versuche mich und meine Bedürfnisse und die meiner Kinder doch auch immer wieder zu reflektiern …. ).

Cossman „verlässt“ ihre Familie und ist nunmehr nur noch jede zweite Woche Mutter. Aber ist sie das denn wirklich „nur“? Auch wenn sie ihre Kinder nicht sieht, ist sie jederzeit erreichbar – auch physisch, da sie in der unmittelbaren Nähe wohnt. Und auch wenn sie sie nicht sieht, sind die Kinder doch immer gedanklich und gefühlt präsent.

Warum sollten Männer nicht genauso befähigt sein wie Frauen, sich liebevoll und fürsorglich um ihre Kinder zu kümmern? Irgendwie stellt sich für mich auch diese Frage nicht – insofern ist das ganze Buch wahrscheinlich für mich irgendwie auch unnötig (wobei ich leider auch sagen muss, dass ich öfter das Gefühl hatte, dass Frau Cossman versucht, sich zu rechtfertigen – was sie in meinen Augen überhaupt nicht nötig hat).

Aufgezeigt werden Vor- und Nachteile des „Wechsel-Modells“, sowohl für die Eltern als auch für die Kinder. Unterlegt ist das Buch mit verschiedenen Untersuchungen, von denen ich die meisten quer gelesen habe. Für mich persönlich überwiegen eindeutig die Vorteile für alle Beteiligten. Allerdings glaube ich auch, dass so ein Modell nur funktionieren kann, wenn sich die Eltern immer wieder im Guten abstimmen und kommunizieren.

Mein Fazit: Alles zusammen fand ich das Buch recht interessant, aber auch erschreckend, wie präsent ein gewisses Mutterbild in vielen Köpfen noch vorhanden ist. Es war jedoch auch langatmig und von Wiederholungen geprägt.