Rezension

Ich konnte das Buch gar nicht mehr weglegen :-)

Das Buch der Spiegel - E. O. Chirovici

Das Buch der Spiegel
von E. O. Chirovici

Erinnerung ist nicht immer gleich Erinnerung

Das Buch hat 384 Seiten und ist unterteilt in drei Abschnitte und ist 2017 im Goldmann Verlag erschienen.
Die Ermordung des Literaturprof. Joseph Wieder in Princeton wird aus drei verschiedenen Perspektiven erzählt, nämlich Richard Flynn, dem Reporter John Keller und dem Polizisten Roy Freemann.
Der Literaturagent Peter Katz erhält das Manuskript von Richard Flynn, in der er über die Ermordung von Prof. Flynn schreibt, allerdings bricht das Manuskript abrupt ab und ist nicht vollständig.
Der erste Teil wird aus der Sicht von Richard Flynn erzählt, der aber kurz nachdem Peter Katz das Manuskript erhält, stirbt – der restliche Teil des Manuskript ist zunächst nicht auffindbar. Richard Flynn hat Anglistik in Princeton studiert, wollte Schriftsteller werden, arbeitet aber arbeitet in einer kleinen Werbeagentur.
Flynn behauptet in diesem Manuskript, dass er die Wahrheit herausgefunden hat über den Mord an dem berühmten Prof. Wieder, der vor 30 Jahren eine Menge Staub aufgewirbelt hat und nie geklärt werden konnte.
Flynn selbst zählte zum Kreis der Verdächtigen. Er lebte damals ein paar Monate während der Unizeit mit Sarah Baines – eine Studentin von Prof. Wieder -  in einer WG zusammen. Sie half Prof. Wieder bei einem wichtigen und geheimen Forschungsprojekt betrf. die Löschung von negativen Erinnerungen; Laura stellte Richard dem Prof. Wieder vor, er erhielt von ihm einen Studentenjob – er sollte seine Bibliothek ordnen. Es entstand zw. dem Prof. und Flynn eine Art „Freundschaft“ und zw. Laura und Flynn aus der Sicht von Flynn eine Liebesbeziehung.
Der zweite Teil erzählt die Geschichte aus der Sicht des erfolglosen Reporters John Keller, der versuchen sollte  im Auftrag des Literaturagenten, den zweiten Teil des Manuskripts zu finden oder das Manuskript anhand seiner Recherchen als eine Art Fragment fertig zu schreiben. Keller macht über einen Privatdetektiv die Lebensgefährtin von Richard Flynn, Laura Baines und einige weitere Personen, die mit dem Fall in Verbindung gebracht ausfindig, spricht mit allen Beteiligten und zieht seine ganz eigenen Schlüsse aus dem Fall.
Der Dritte Teil erzählt den Mordfall aus der Sicht des pensionierten Polizeibeamten Roy Freemann, der vom an der Mordgeschichte verzweifelten Reporter John Keller alle seiner zusammengetragenen Unterlagen erhält. Roy Freemann war – als der Fall aktuell war – zuständiger Ermittler der Polizei. Er hat sozusagen immer noch eine „offene Rechnung“ mit dem ggstdl. Mordfall, da er das Gefühl hat, er hätte damals den Fall „verpfuscht“. Er nimmt die Ermittlungen wieder auf, kontaktiert den damals an Wieder verurteilten Mörder, Laura Baines und den Hausverwalter von Prof. Wieder Derek Simmons.
Das zentrale Thema des Buches ist nicht die Klärung des Mordes sondern wie die einzelnen Protagonisten durch ihre eigenen Erinnerungen getäuscht werden und wie unterschiedlich die jeweiligen Erinnerungen sein können. Die Wahrheit einer Person kann komplett konträr zur Wahrheit einer ebenfalls beteiligten anderen Person sein.
Ein tolles Buch! Ich konnte das Buch bis ich wusste, wer der Mörder ist, nicht mehr aus der Hand legen. Die Spannung wird durch den Perspektivenwechsel in den jeweiligen Abschnitten erzeugt. Es kristallisiert sich immer mehr heraus, dass die Wahrheit der einzelnen Charaktäre eben nicht dieselbe Wahrheit ist sondern sogar teilweise gravierende Abweichungen bestehen. Die Erinnerungen werden vermischt mit nicht realen Wahrnehmungen, Gefühlen, Halbwahrheiten und Lügen, wodurch eine ganz eigene Wahrheit des jeweiligen Protagonisten entsteht. Obwohl der Mord schließlich geklärt wird, bleiben sehr viele Fragen offen und lassen dem Leser Raum sich seine „eigene Wahrheit“ über die die jeweiligen Protagonist zu bilden!