Rezension

Ich verstehe den Hype absolut nicht! - 1,5 Sterne

Das Reich der Sieben Höfe - Flammen und Finsternis
von Sarah J. Maas

Bewertet mit 1.5 Sternen

Anmerkung: Ich habe das Buch als Rezensionsexemplar vom Verlag bekommen. Danke dafür.

 

 

VORSICHT:

Dies ist kein Jugendbuch. Meiner Meinung nach ist es ein New Adult Roman & somit eher für Leser ab 16 Jahren geeignet. Es kommen sehr blutige, aber auch explizite sexuelle Szenen vor, die ich persönlich für junge Teenager nicht angemessen finde.

 

 

Stil:

Der Schreibstil ist vollkommen in Ordnung. Der Pathos passt zu dem Setting & schafft es auch die Atmosphäre zu unterstützen. Wobei ich Wörter wie „vögeln“ & „es treiben“ in dem Setting fehl am Platz finde. Die Geschichte wird dabei aus der Sicht von unserer Protagonistin Feyre geschildert, wobei gegen Ende ein Kapitel aus einer anderen Sicht eingebunden wird.

 

 

Charaktere:

Die Charaktere haben mir große Probleme bereitet. Sie haben sich in eine Richtung entwickelt die mir überhaupt nicht gefallen hat. Das Buch ging dabei eigentlich gut los. Die Charaktere schienen nicht, wie in anderen Büchern üblich, glücklich darüber zu sein, dass alles in Band 1 gut ausgegangen ist & sie einfach darüber hinweg gehen können. Sie haben stattdessen alle psychische Probleme von den Ereignissen davon getragen. Jeder hat seinen eignen Knacks weg bekommen, was ich sehr interessant & authentisch fand. Jedoch ging von einem Fehler der gesamte Plot dieses Buches aus, was ich schon nicht so gelungen fand. Und zwar war der Fehler, dass einfach keiner miteinander geredet hat. Kein Versuch seine Probleme mitzuteilen, keine Bitte nach Rücksicht, noch nicht mal die Frage, wie es dem anderen geht & was man jetzt dagegen tun sollte. Jeder kocht sein eigenes Süppchen & verletzt den anderen einfach rücksichtslos, ohne auch nur darüber nachzudenken. Da musste ich ja schon mit dem Kopf schütteln. Nicht weil es unrealistisch wäre, sondern weil es einfach nicht nett & auch nicht logisch ist.

 

Tamlin als Charakter tat mir hier fast schon Leid, denn man merkt förmlich, dass die Autorin ihn einfach nur los werden wollte & ihn deshalb versucht hat so schlimm wie möglich darzustellen. Dabei wurde er so dermaßen in eine Ecke gedrängt in die er eigentlich nicht passt, dass es extrem auffiel. Scheinbar konnte, wollte oder wusste die Autorin einfach nicht wie sie eine normale Trennung unter solchen Umständen schreiben soll. Stattdessen hat sie einfach nur versucht, alle schlechten Charaktereigenschaften die man nur haben kann Tamlin zuzuschieben. Er war also nicht nur zu Beginn, sondern immer wenn er vorkam, herrschsüchtig & fast schon misshandelnd Feyre gegenüber. Und so einige andere Dinge wurden ihn zugeschrieben, die meiner Meinung nach nicht wirklich oder nur unter diesen bestimmten Umständen, in die Feyre & Co ihn gebracht haben, zu ihm passen & überhaupt möglich ist. Ich konnte seine Gründe zumindest gut nachvollziehen, im Gegenteil zu so manchen Gründen von Feyre oder Rhys. Aber hey, er wird trotzdem als der große böse Wolf angesehen. Nicht, dass er bisher ein toller unschuldiger Charakter gewesen ist, aber er war auch nicht so eindimensional wie hier.

 

Feyre hat so weiter gemacht, wie sie gegen Ende des ersten Bandes begonnen hat. Sie hat hier kaum was selbst gemacht oder entschieden. Meist wurde sie von A nach B gebracht, beordert, geschickt oder was auch immer. Und natürlich hat sie auch meist gemacht was man ihr sagte, ohne es auch nur zu hinterfragen. Feyre macht auch im weiteren Verlauf selten den Mund auf & sagt was sie eigentlich will oder denkt. Sie passt sich nur ihrer Umgebung an & wird dadurch immer sadistischer, grausamer & gefühlloser was andere Menschen/Faen angeht. Oder wie soll ich mir sonst eine Entwicklung von einem Trauma, weil sie im letzten Band unschuldige Faen töten musste, zu der Drohung am Ende erklären, einen gesamten Hof abzuschlachten. Und was die Beurteilung Tamlins angeht war sie nicht wirklich rational, so wie alle anderen Charakter außerhalb des Frühlingshofes.

SPOILER: Ich meine, wie kann man mit seinem Verlobten per Brief Schluss machen, ohne Gründe, persönliche Informationen oder das derjenigen überhaupt weiß, dass man lesen & schreiben gelernt hat? Wie soll man dass dann bitte ernst nehmen bzw als echt ansehen?

 

Feyre redet hier aber nicht nur ihr eigenes Tun schön, sondern vor allem auch die Handlungen von ihrem neuesten Loveinterest Rhys. Also ich verstehe bei bestem Willen nicht, was an diesem Charakter so toll sein soll, dass alle einen solchen Typen zuhause haben möchten. Wie gesagt hat Feyre vieles aus ihrer neuen Umgebung gelernt & das meiste von Rhys. Er war für mich einfach nur ein grausamer, sadistischer & berechnender Folterer & Mörder. Und das schlimme daran ist, dass das alles noch schön geredet & heroisiert wird. Deswegen finden ihn alle ja so toll. Er wird als unverstandener & unter seinen Umständen leidender Bad Boy dargestellt, der ja nichts für seine Umstände kann. Ähm … Kann er sehr wohl! Jeder ist selbst für sein Tun verantwortlich & er entscheidet sich aus freien Stücken einfach mal dazu Leuten Knochen zu brechen & ihnen den Arzt zu verbieten.

SPOILER: Und kann mir bitte mal einer erklären, wieso es ganz schlimm sein soll, dass Tamlin „dabei“ war, als jemand aus seiner Familie starb (wobei man nicht mal weiß, ob er denjenigen mit umgebracht hat oder sogar was dagegen versucht hat), obwohl im selben Atemzug erzählt wird, dass Rhys daraufhin aus Rache nicht nur seine Familie getötet hat, sondern diese auch noch vorher aus Lust & Laune heraus mental gefoltert hat. Wieso ist Tamlins Tat so schlimm, während Rhys Handeln doch nicht so schlimm sein soll? Ernsthaft? Ich verstehe es nicht! Es ergibt keinen Sinn.

IMMERNOCH SPOILER: Und wieso ist Feyre bitte nicht ausgerastet, als sie am Ende erfahren hat, dass sie umsonst fast gestorben wäre für diesen blöden Ring im Hexenhaus? Dieser Typ hat sie Lebensgefahr & Todesangst ausgesetzt, um einen Ring zu holen, den er problemlos durch fragen bekommen hätte, nur um sie zu testen! Wieso hat sie das als romantisch empfunden? Ich hätte dem aber mal gründlich die Meinung gegeigt!

 

Die Nebencharaktere (Rhys Freunde) kamen mir alle sehr ähnlich vor. Klar haben sie verschiedene Backstorys etc, aber sie haben doch öfter mal ziemlich gleich gehandelt. Und so nötig fand ich sie jetzt auch nicht unbedingt.

 

Plot:

Was soll man zum Plot schon sagen. Dies hier ist ein typischer zweiter Band, was bedeutet, dass kaum Plot vorhanden war. Weshalb sich ein 700 Seiten Buch zieht & auch des öfteren langweilig war. Man braucht absolut keine 700 Seiten für den dürftigen Plot (also die Vorbereitung für Band 3) & diese seltsame Charakterentwicklung. Und das was an Plot da war, war auch noch oft verwirrend. Sie mussten hier was besorgen, um etwas anderes besorgen zu können, um jemanden zu überreden ihnen dabei zu helfen etwas anderes zu besorgen, um es für dies & das zu benutzen und so weiter und sofort. Irgendwann wusste ich nicht mehr nach was sie diesmal suchen & was sie damit eigentlich wollten.

Gegen Ende wurde dann auch noch ein großes Geheimnis ausgeplaudert, wo vorher lang & breit erklärt wurde, wie wichtig die Geheimhaltung dessen doch ist. Wer hätte da gedacht, dass es nach hinten los geht, wenn man dieses Geheimnis dann einfach so mal ausplaudert? Ihr seht schon, es war nicht unbedingt logisch, aber dafür sehr vorhersehbar. Logikfehler sind mir & meiner Lesepartnerin hier des öfteren mal aufgefallen, auch wenn ich ab einem bestimmten Zeitpunkt zugegebenermaßen nicht so sonderlich aufmerksam gelesen habe.

Das Ende hat dem Ganzen dann die Krone aufgesetzt. Es wurde sehr theatralisch & Feyre hat sich hier zu etwas entschieden, was ich einfach unmöglich von ihr fand. Da hatte mich das Buch ganz verloren, weil sie nicht mal einen Funken Mitgefühl oder Rationalität hat sprechen lassen, sondern die pure alles verschlingende Grausamkeit. Und leider wurde sie mir trotzdem als die strahlende Heldin aufgetischt.

 

 

Fazit:

Wäre der Hype um dieses Buch nicht so groß gewesen, dann fände ich es immer noch nicht gut, aber ich hätte mich wohl auch nicht so stark aufgeregt. Aber der Gedanke, dass andere (vielleicht jüngere) genau die Sachen, die ich bedenklich & moralisch verkorkst finde, super toll & anschmachtenswert finden, bereitet mir Bauchschmerzen. Alles in allem fehlten mir hier wichtigere Plotpunkte, das Buch war viel zu lang & die Charakterentwicklung war für mich sehr abwegig & nicht verständlich. Deshalb habe ich 1,5 Sterne vergeben.