Rezension

Ich weiß nicht was soll es bedeuten...?!

Naschmarkt - Anna Koschka

Naschmarkt
von Anna Koschka

Vor rund einem Jahr hat dieses Buch ziemliche Wellen unter Chick-lit-Leserinnen geschlagen und nun schon mit dem zweiten Teil der Reihe, "Mohnschnecke", eine Fortsetzung gefunden. Da ich gelesen habe dass das Buch in Wien spielen sollte und von einer Literaturverrückten Singledame handeln sollte habe ich selbiges meiner Mutter geschenkt (nicht ganz uneigennützig) und es mir von ihr vor kurzem ausgeliehen.

Da der Roman sehr gehyped wurde habe ich natürlich auch viel erwartet - aber wie so oft wird man bei Bestsellern enttäuscht weil Realität bzw. eigenes Empfinden und hohe Erwartung selten Hand in Hand gehen.

Aber zum Inhalt: Dotty (Dorothy) Wilceck (gerade 30 geworden) ist eine Wiener Literaturredakteurin, die beim "Österreichboten" Rezensionen aktueller Bücher schreibt - ein "larger than life"-Traumjob für alle die gerne und viel lesen und ihre Meinung zum Gelesenen kundtun. Ihre englische Mutter führt einen Laden names "Pies & Pages" in dem sie Literaturkränzchen mit Tea & Scones organisiert. Ja,  das wäre für jede Jane-Austen-vergötternde Literaturstudentin das Himmelssetting auf Erden, wenn da nicht - zunächst - die Abwesenheit eines "Mr. Darcy" zu kristieren wäre: Dotti ist nämlich Single und zwar aus absoluter Überzeugung! Warum sollte man sich in zu enge Klamotten quetschen um blöde Männer, die noch nie ein Buch gelesen haben zu beeindrucken wenn man doch in bequemen Klamotten mit dem Kater auf der Couch kuscheln kann und - genau - lesen. Dotti ist also jemand, der ganz und gar keinen Mann sucht und keine Beziehungslücke in ihrem Leben finden kann: sie hat einen Haufen Freundinnen, einen Traumjob, eine tolle Wohnung, eine liebe Katze und gaaanz viele Bücher. Nur blöd wenn man von seinem Chef plötzlich aufgebrummt bekommt einen Blog zu führen zum Thema Dating & Co - aus der Sicht eines selbsternannten Mauerblümchens...

So schreibt sie nun ihre Blogtexte, die auch der Leser des Buches präsentiert bekommt und zwischendurch lernt sie reale - oder zumindest digital existierende Männer wie "djfleming" kennen, die auf ihren Blog und die Frau dahinter unterschiedlich reagieren.

Die Autorin spielt mit dem Potential neuer Medien und ihrem Einfluss auf die Partenersuche- und -findung, vor allem Twitter hat es ihr angetan. Das mag ja recht nett sein von der Erzähltechnik und inhaltichen Auseinandersetzung, aber ein guter Frauenroman steht und fällt mit seiner Protagonistin, die mir leider bis zum Schluss alles andere als sympathisch ist. Ihre leichte Neigung zu Besserwisserei gepaart mit Sturheit wird auch durch die wenigen sympathischen Unzulänglichkeitsmomente nicht gerettet und hinterlässt einen faden Beigeschmack. Aber wahrscheinlich bin ich auch einfach nur komisch bzw. habe es nicht verstanden, welchen Charme und Esprit die liebe Dotti, mit der sich so viele identifizieren können, versprüht.

Auch die Geschichte an sich ist gut gemeint, ganz gut geschrieben (also vom Sprachlichen her) und mit der Idee einer literarischen Schnitzeljagd eigentlich mit einem interessanten Plot-Katalysator gesegnet - leider hat sie mich nicht mitreißen können. Ich hatte beim Lesen das Gefühl dass sich die Autorin nicht entscheiden konnte ob sie nun eine sozialkritische Abhandlung über das Singledasein schreiben möchte mit einer Protagonistin, die Sprachrohr dieser Haltung ist, die alle "Weibchen" verarchtet, die sich nach einer Beziehung sehnen oder einen Schlaraffenland-Wohlfühlroman für "Bücherfrauen" bei dem die Literaturredakteurin dann doch ins obligatorische Happy End mit dem ihr die Welt zu Füßen legenden Mr. Right erlebt.

Eigentlich schade, schade, schade dass ich hier nicht vollständig mitgehen konnte - schließlich ist doch eigentlich alles ganz nach meinem Geschmack. Auch ich bin nur eine Bücherfrau, die den ganzen Tag im "Pies&Pages" hocken, Scones futtern und über - und mit - Oscar Wilde philosophieren möchte, aber leider leider fühle ich dabei den Drang "Naschmarkt" ohne Wehmut zurück ins Regal zu stellen...