Rezension

Identität und Zauber

Der Trick - Emanuel Bergmann

Der Trick
von Emanuel Bergmann

Bewertet mit 4 Sternen

Daruh Khaneh Kojast - von eigenen Illusionen und Tricks zum Überleben

Wir verfolgen einen Teil der Lebensgeschichte des Pragers Mosche Goldenhirsch, der als 15-Jähriger nach dem Tod der Mutter seinen vermeintlichen Vater, den Rabbi Laibl, verlässt und sich einem Zauber-Zirkus anschließt, da er sich in die Assistentin des Zauberers von Kröger, die eine Persische Prinzessin spielende Julia Klein, verliebt und auch das Zaubern lernen möchte. Dazu muss er seine jüdische Identität hinter sich lassen, wird zum persischen Zauberer Zabbatini. Ein Alias, das ihn im Berlin des Zweiten Weltkrieges, wo er nach der Flucht mit Julia aus dem brennenden Zauber-Zirkus lebt und wo er im Wintergarten als Mentalist auftritt und bekannt wird, eine Weile das Leben rettet. Doch er wird vom totgeglaubten von Kröger als Jude entlarvt und verraten. Dank seiner Zaubertricks überlebt Zabbatini Auschwitz und führt sein Leben als einigermassen bekannter Zauberer und Mentalist in den USA fort. Mit 88 Jahren hat ihm das Leben scheinbar nichts mehr zu bieten außer Alkohol, der verzweifelten Suche nach Julia und der Erinnerung an bessere Zeiten. Just bei einem Selbstmordversuch taucht der 10-Jährige Max Cohn auf. Der Junge hat sich auf die Suche nach dem Großen Zabbatini gemacht, um ihn um den Zauberspruch der ewigen Liebe zu bitten, damit seine Eltern sich nicht scheiden lassen. Die Schallplatte vom Großen Zabbatini, die Max beim Auszug seines Vaters bei dessen Sachen findet, ist ausgerechnet an der Stelle verkratzt, an der Zabbatini den Liebeszauber aufsagt. Max Vater Harry hatte die Platte zur Bar Mizwah bekommen, da sein Wunsch dass der Große Zabbatini auf seinem Fest auftritt, nicht erfüllt werden konnte. So trifft ein kleiner, hartnäckiger Junge auf einen alten, mürrischen Zausel, der seiner Meinung nach nichts mehr vom Leben zu erwarten hat, während Max fest an Magie und die Fähigkeiten des einst großen Zauberers glaubt. Wird der Große Zabbatini noch einmal seine Fähigkeiten unter Beweis stellen können?
Die Erzählung von Mosches Leben wechselt sich mit der von Max‘ Kindheit im Zeitraum der Scheidung seiner Eltern ab. Wir erhalten einen Einblick in jüdisches Leben zu den Zeiten zweier Weltkriege in Prag und Berlin sowie im Hollywood der gegenwärtigen USA. Mosche verändert sich stark durch seinen Erfolg als Zauberer und Mentalist, der später verblasste Ruhm tut sein Übriges dazu. Max dagegen ist durchweg optimistisch, glaubt an die Magie und lässt sich weder von Prügeleien noch verbalen Gemeinheiten abschrecken, um sein Familienleben zu retten. Am Ende schließt sich der Kreis. Es wird klar, dass das Schicksal Mosches und der der Familie Cohn enger miteinander verknüpft ist, als man zunächst erahnt.
Wenig schnörkellos sondern brutal realistisch erzählt der Autor die Geschichte, mit vielen zwar vielleicht menschlichen aber dennoch abschreckenden Details. Lediglich die Sequenz, in der Adolf Hitler den Großen Zabbatini konsultiert, ist für meinen Geschmack überzogen.
Das Cover im unverkennbaren Diogenes-Design zeigt ein gemaltes Bild des Zauberers zu seinen Glanzzeiten, der von (seinen) Dämonen umgarnt wird, eine aus dem Himmel entgegengereckte Hand hinter sich ignoriert oder nicht wahrnimmt. Er wirkt traurig, nachdenklich. So möchte man herausfinden, welche Dämonen den Zauberer quälen und ob er sie selbst heraufbeschworen hat.