Rezension

Insgesamt ein schöner Roman

Virtuosity - Liebe um jeden Preis - Jessica Martinez

Virtuosity - Liebe um jeden Preis
von Jessica Martinez

Bewertet mit 4 Sternen

Dies ist eins der typischen Bücher, auf das ich durch sein wirklich schönes Cover aufmerksam wurde. Hier gefällt mir nicht nur das Bild, sondern auch die Farbgebung war für mich ein richtiger Eyecatcher. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis dieser Roman in meinen Händen lag.
Dieses Jugendbuch ist, entgegen meinem übliche Beuteschema, kein Fantasyroman. Im Gegenteil. Der Leser wird Zeuge einer harten und eiskalten Welt des Musikgeschäfts und so lernt man zunächst die Protagonistin Carmen kennen. Die Art und Weise, wie Jessica Martinez diesen Roman beginnt, liess mir bereits den Atem stocken und ich war erschrocken und neugierig, wie es zu dieser Anfangsszene kommen wird....
Der Autorin ist es sehr gut gelungen, mir zu zeigen, unter welchem Leistungsdruck Carmen steht. Ich fühlte mich sehr oft an diese Berichte von ehrgeizigen Eltern und ihren Teeniestars erinnert, die man hin und wieder in irgendwelchen Reportagen sieht. Sie tat mir Leid und ich konnte ihre Traurigkeit sehr gut nachvollziehen. Carmens ehrgeizige Mutter wird von Jessica Martinez als kalte, ehrgeizige Frau dargestellt, die Carmen nahezu erdrückt. Eine wohltuende Abwechslung für mich war Clark, ihr Stiefvater. Von ihm bekommt Carmen zumindest die Herzenswärme, die ihr anderswo verwährt wird. Immer wieder erfährt man durch kurze Rückblenden kleine Details zu Carmens Umfeld.
Der Protagonist Jeremy, zunächst scheinbar arrogant und unnahbar, erweckte aber gleichermaßen erst einmal  mein Mitleid. Er hat nicht mit ehrgeizigen oder skrupellosen Eltern zu kämpfen, im Gegenteil! Bei ihm ist es wohl die Einsamkeit die sein größtes Problem ist. 
Die Autorin hat es nicht nur prima geschafft, Gefühle zu beschreiben, sondern auch beim lesen zu erzeugen. So erlebt man die Unsicherheit, Zweifel, Leistungsdruck und den Kampf um das eigene ich hautnah mit... und man leidet, bangt und hofft!
Die Liebesgeschichte zwischen Carmen und Jeremy ist zwar sehr bedeutend, nimmt aber nicht den ganzen Raum ein und das ist auch gut so. Sie ist weder kitschig noch volle Klischees, sondern einfach anders und kompliziert. Vor allem aber voller Misstrauen und Unsicherheit. Ganz langsam wird aus Konkurrenten ein Paar, bei dem beide gleich und doch so verschieden sind.
Für mich besonders gut gelungen ist die Entwicklung der beiden Protagonisten und ganz besonders die Art, wie Carmen ihr eigenes Leben in die Hand nimmt.
Die Autorin beschreibt anschaulich aber nicht zu detailliert. Das ist an manchen Stellen sehr gut, da so ein interessantes Tempo vorgelegt wird. An anderen Stellen hätten mir aber etwas umfangreichere Ausführungen auch gut gefallen.  
Der Schluß ist überraschend, gut gelungen und auch wenn der Roman abgeschlossen ist, so lässt er doch verschiedene Möglichkeiten offen.
Jessica Martínez, die in Calgary geboren wurde, spielte als Musikerin in einem Orchester und gab Geigenunterricht. Warscheinlich ist dies auch ein Grund dafür, dass ihr Debütroman so realistisch und intensiv erscheint. Diese Vermutung bestärkt die Autorin in einem tollen Interview, das ihr auf der Verlagshomepage von Bastei Lübbe nachlesen könnt.
Insgesamt hat mir Virtuosity wirklich gut gefallen. Es ist ein ungewöhnlicher Roman, in dem immer ein bisschen Traurigkeit mitschwingt aber auch sehr viel Mut und Kraft!