Rezension

Intensives, psychologisches Familiendrama. Sehr lesenswert!

Justins Heimkehr - Bret Anthony Johnston

Justins Heimkehr
von Bret A. Johnston

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt / Klappentext:

Mit psychologischem Feingefühl und sehr spannend erzählt Bret Anthony Johnston in seinem Debütroman von einer Familie unter Schock. Vor vier Jahren ist Justin Campbell, damals 12 Jahre alt, entführt worden.

Seine Eltern und sein Bruder, die nie aufgehört hatten, nach ihm zu suchen, haben unterschiedliche Wege gefunden, mit diesem Erlebnis umzugehen. Wege, die die Familie eher auseinanderdriften lassen. Da wird Justin wie durch ein Wunder ganz in der Nähe entdeckt und seinem Entführer entwunden - der inzwischen 16jährige kehrt in die Familie zurück. Aber ist der Wiedergefundene nicht doch verloren? Und was geschieht mit dem Täter, der vor Gericht gestellt wird und auf "nicht schuldig" plädieren will?

Bret Anthony Johnston zeigt sich in diesem Roman als hoch begabter, raffinierter und kluger Erzähler, der glaubwürdige und faszinierende Charaktere zeichnen kann und ohne Effekthascherei ins Herz der Dinge vorstößt.

Meine Meinung:

Was mir an diesem Buch besonders gefallen hat ist, dass es eben nicht die typische Kind-verschwindet-und-wird-gesucht-Story ist, sondern die Handlung beginnt, als der vier Jahre lang verschwundene Sohn Justin wiedergefunden wird. Nach und nach erfahren wir, was damals passiert ist, wie verzweifelt die Eltern nach dem Sohn gesucht haben und wie sich das Leben der ganzen Familie daraufhin verändert hat.

Eric, der Vater, der sich ständig Vorwürfe macht, versagt zu haben, immer nur das Beste für alle will, aber sich stets unzulänglich fühlt und sich auf ein außereheliches Verhältnis einläßt. Die Mutter Laura, die sich vor lauter Verzweiflung in Beschäftigung flüchtet und fast Tag und Nacht arbeitet und dann ist da noch Griff, Justins Bruder. Er versucht Rücksicht auf alle zu nehmen, steckt zurück und macht sich Vorwürfe, über die er mit niemandem spricht, weil er am Tag von Justins Verschwinden Streit mit ihm hatte. Und dann gibt es noch Cecil, Erics Vater, der sich als Großvater natürlich auch sehr um den Enkel gesorgt hat und Rachepläne gegen den Täter schmiedet.

Wenn man denkt, der Sohn ist wieder da, alles ist wieder gut, dann irrt man. Denn die Situation ist nicht einfach: Die Eltern sollen wegen der Traumatisierung Justins, ihn auf Rat einer Psychologin nicht danach fragen, was ihm passiert ist. Und von selbst erzählt Justin kaum etwas von seinen Qualen, die er erleiden musste. Und das ist selbst als Leser kaum auszuhalten und bringt Spannung in den Roman. Man versetzt sich in die Rolle der Eltern und fragt sich ständig, wie man das nur aushalten kann, man will doch wissen, was dem Sohn zugestoßen ist!

Aber hier geht es nicht vordergründig um Spannung, sondern um das Seelenleben der Personen, in die der Autor uns tiefen Einblick nehmen läßt. Und wenn man auch nicht jedes Verhalten nachvollziehen kann, so wird deutlich, dass jeder Mensch anders mit solch einer Situation umgeht und man fragt sich zwangsläufig, wie man selber handeln würde. Ich fand die Charaktere wurden glaubwürdig dargestellt.

Am Ende kommt dann nochmals Spannung auf, als der Entführer auf Kaution entlassen wird. Die scheinbare Erleichterung der Familie wird wieder komplett in Anspannung verwandelt und es wird nochmal dramatisch. Was dann ganz zum Schluß passiert (möchte ich hier natürlich nicht verraten), wird nicht wirklich aufgelöst und läßt Raum für Spekulationen.

Für mich war es ein interessantes und sehr intensives Buch, dass ich nur empfehlen kann, wenn man gerne solche psychologischen Storys liest.

Kommentare

LySch kommentierte am 03. Juli 2017 um 10:09

Toll geschriebene Rezi, UJac! :) Das Buch klingt wahnsinnig spannend und feinfühlig, aber ist glaube ich im Moment nichts für mich... Kommt aber mal auf die WuLi, wenn du und Wanda es beide weiterempfehlen!