Rezension

Interessante Biografie

Die amerikanische Prinzessin - Annejet van der Zijl

Die amerikanische Prinzessin
von Annejet van der Zijl

Bewertet mit 5 Sternen

Ich habe etwas gebraucht, um in die wahre Geschichte von Allene Tew (1872-1955) hineinzufinden. Doch mit jedem persönlichen Rückschlag und ihrer Stehaufmännchenmentalität begann ich mich mehr und mehr für sie zu interessieren. Gegen Ende konnte ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen.

Die Autorin Annejet van der Zijl ist nicht nur eine studierte Historikerin, sondern auch eine renommierte niederländische Sachbuchautorin. Auf die abwechslungsreiche Biografie von Allene Tew ist sie durch Zufall gestoßen, als sie über Bernhard der Niederlande recherchierte. Ein Jahr Arbeit stecken in dieser 265-seitigen Lebensbeschreibung und das merkt man der Erzählung auch an. Vom reichen Fototeil über die zitierten zeitgenössischen Quelle bis hin zur Recherche vor Ort, an den wichtigsten Lebensstationen von Allene Tew, nichts wurde dem Zufall überlassen oder gar vernachlässigt.

Betrachtet man das Leben der US-Amerikanerin so fällt auf, dass dieses entgegen den moralischen Wert- und Lebensvorstellungen der Zeit ein geradezu freizügiges und selbstbestimmtes Leben gewesen ist. Sie verkörpert gleichzeitig den American Dream und den tiefen Fall. Aufgewachsen in Jamesville wird sie früh schwanger, heiratet den Falschen, einen Spieler, und verlässt die Heimat. Der zeitige Tod ihres Mannes mit gerade einmal 32 Jahren macht sie zur alleinerziehenden und mittellosen Witwe. Doch der zweite Mann, ein vermögender Effektenhändler aus New York, ist bald zur Stelle und lebt mondän. Doch auch er geht lieber in Clubs als sich mit der Familie zu beschäftigen. Mit ihrem dritten Mann hat sie mehr Glück, denn er ist ihre große Liebe und ein Familienmensch. Doch der erste Weltkrieg und der Tod beider Kinder lassen sie altern. Als dann auch noch ihre große Liebe von ihr geht, scheint alles vorbei zu sein. Doch Ehemann vier und fünf werden folgen, der eine aus dem Hause Reuß und der andere aus russischem Adel. Die Weltwirtschaftskrise 1929 und der folgende Weltkrieg erschüttern zudem das Alltagsleben. Aus der Landpomeranze mit einer Leidenschaft für Pferde ist eine vermögende, wenngleich einsame Frau geworden, die später gern als "amerikanische Prinzessin" (wegen Hochzeit mit Henry Reuß) bezeichnet wurde. Stoisch und wagemutig bereiste sie die Kontinente und stand ihren Ehemännern stets zur Seite. Letzteres ließ sie zu einer ausgefuchsten Buchhalterin werden. 

Zusammenfassend muss man feststellen, dass die privaten Schicksalschläge, die sie erlebt hat, für mehrere Leben ausgereicht hätten, diese sie aber nie verzweifeln ließen, weil sie die Wendungen des Lebens annahm und immer weiter ging - was Respekt abnötigt.

Sprachlich hat van der Zilj mit dem Buch "Die amerikanische Prinzessin" eine sachliche, aber deswegen nicht unspannende Lektüre vorgelegt. Im Gegenteil, die Einbindung von originalen Sentenzen und Quellen sowie der historischen Ereignisse wirkten belebend. Seite für Seite gewann dadurch das Bild von Allene Tew an Plastizität. Kurzum, man kam der Protagonistin und ihrem Werdegang näher. Manches Mal hätte ich mir allerdings weniger Pathos gewünscht.

FAZIT
Eine interessante Biografie einer modernen Frau, nicht nur aus historischer Sicht.