Rezension

Interessantes Debüt, das als Schullektüre viel Diskussionstoff liefern kann

Diese eine Nacht - Arunika Senarath

Diese eine Nacht
von Arunika Senarath

Bewertet mit 3 Sternen

Arunika Senarath beschreibt ihn ihrem Debütroman das Leben einer Gruppe von Studenten in Dresden. Im Vordergrund stehen dabei die politischen Ansichten der algerischen Protagonistin und ihres Freundes, der offensichtlich einer ausländerfeindlichen Gruppe angehört. Warum die beiden zueinander finden ist leider nur wenig durchschaubar, ebenso wie die Rolle, die der neue Freund bei einer schon mehrere Jahre zurückliegenden Vergewaltigung seiner neuen Freundin gespielt hat. Überzeugend ist das Buch vor allem in einer realitätsnahen Beschreibung des Studentenlebens und einem flüssigen Schreibstil.

Arunika Senaraths Erstlingswerk, erschienen im Mikrotext-Verlag 'für zeitgenössische Texte mit Haltung' ist ein interessantes und kurzweiliges Leseerlebnis, das vor allem für jugendliche Leser viel Diskussionsstoff um Themen wie Ausländer-Politik, ungewollte Schwangerschaft, rechtes Gedankengut, Zivilcourage und junge Liebe liefert. 

Die Studentin Amina mit algerischen Wurzeln lernt in Dresden Sten kennen, der sie zu ihrem ersten Date in ein Hinterzimmer der Dresdener Semperoper einlädt. Schnell ist sie von ihm und seiner geheimnisvollen Art fasziniert, muss aber feststellen, dass Sten einer ausländerfeindlichen Gruppe angehört. Weil Sten sich weigert, mit Amina über die Sache zu reden, beschließt Amina, ihm hinterherzuspionieren und deckt schließlich Ungeheuerliches auf. Der Handlungszeitraum umfasst ca. ein Semester, also knapp ein halbes Jahr. In dieser Zeit ist die Beziehung zwischen Amina und Sten sehr unbeständig, mal sehen sie sich fast jeden Tag, mal wochenlang gar nicht. Als Sten dann einmal mit in Aminas Heimat kommt, stellt sich heraus, dass er sie bereits von früher kannte, bevor er sie in Dresden kennengelernt hat, und dass er von Aminas Vergewaltigung auf einer Schulfeier wusste. 

Die Stärke des Romans ist eindeutig seine Lebensnähe. Die Beschreibung des Studentenlebens und die (teilweise leider unvollständigen) Charakterisierungen der Hauptperson und ihres Freundeskreises kommen mir sehr bekannt vor. :) Hier dürfte sich jeder (ehemalige) Student wiedererkennen. Der Schreibstil ist flüssig und leicht zu lesen. Arunika Senarath zeigt sehr gute Ansätze, um mit dem Leser vorerst vorenthaltenen Informationen Spannung aufzubauen. Die Folgen von Aminas Vergewaltigung und Stens Kenntnis davon werden erst nach und nach aufgedeckt. Ebenso versucht die Autorin, den Leser über die tatsächliche politische Einstellung von Sten im Unklaren zu lassen. Das geht nur leider nicht ganz auf, dazu hätte man mehr von seiner Sichtweise kennenlernen müssen. Da alles nur aus Aminas Sichtweise geschildert wird, und sie von Sten keinerlei Erklärungen für sein Verhalten einfordert, bleibt der Roman sehr eindimensional. Sowohl aus Stens Engagement in der Gruppe und seiner, scheinbar dazu im Widerspruch stehenden Beziehung zu Amina, hätte man mehr herausholen können, als auch aus seiner Kenntnis über Aminas Vergangenheit. Spannend war auch der Charakter des Alex, eines Freundes von Amina, dem sie (nicht nachvollziebarer Weise) sowohl von ihrer Vergewaltigung als auch Stens Aktivitäten erzählt und der ihr bei ihren Nachforschungen helfen will und dann von dem 'rechten Stammtisch' faszinierter scheint als wünschenwert wäre. Hierzu wird man in einem wohl geplanten Folgeband sicher noch mehr erfahren.

Obwohl für mich persönlich das Verhalten der Hauptfigur oft nicht nachvollziehbar war, glaube ich, dass hier eine durchaus realistische junge Frau mit zeitgenössischen Problemen charakterisiert wird. Für mich ist das Buch daher eine klassische Schullektüre, da es jungen Menschen reichlich Anlass zur Diskussion über aktuelle Themen liefert. Mein Rat an die Autorin wäre, ihren lebensnahen 'journalistischen' Schreibstil, der fast an Tagebücher erinnert, weiter auszuarbeiten und die Protagonisten keine abwegigen Aktionen starten zu lassen (Pseudo-Detektive gibt es schon genug), deren Motivation eher fraglich ist.