Rezension

Interessantes Thema...leider nichtssagend zu Ende gebracht

Unterwerfung
von Michel Houellebecq

Bewertet mit 3.5 Sternen

Gerade angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen fand ich das Thema des Buchs sehr interessant. Frankreich im Jahre 2022 kurz vor den Präsidentschaftswahlen. Es kommt tatsächlich zur Stichwahl zwischen der Kandidatin des Front National und dem Kandidaten der muslimischen Bruderschaft. Tatsächlich gelingt dem Moslem Mohammed Ben Abbes der Sieg.

Die Hauptfigur Francois ist Literaturprofessor in Paris. Zu Beginn des Romans erlebt der Leser mit ihm die spannende Zeit der Wahlen, die Unfähigkeit der Medien im Umgang mit der muslimischen Bruderschaft und die tatsächlichen Auswirkungen des Machtwechsels, wie z.B. das Schließen der Universitäten und der Wandel der emanzipierten Frau hin zur Mutter und Geliebten ihres Mannes. Diesen Teil des Romans, der die Auswirkungen der Wahl eines Moslems zum Präsidenten auf das politische und gesellschaftliche Leben in Frankreich zeigt, fand ich sehr interessant. Francois folgt dann dem Rat des Ehemannes einer Kollegin, der beim Geheimdienst gerarbeitet hat, und zieht für eine Weile raus aus Paris aufs Land. Gerade der Unterschied zwischen dem Einfluss der Politik auf das Leben in der Stadt und auf dem Land macht den Reiz dieses Romanabschnitts aus, wobei dies meiner Meinung nach noch detaillierter dargestellt hätte werden können.

Ab dem Zeitpunkt der Rückkehr von Francois nach Paris dreht sich die Handlung allerdings nur noch um Francois weiteren beruflichen Weg und insbesondere um die Frage, ob er erneut eine Professur annehmen sollte, wofür er konvertieren müsste. Das politsche und gesellschaftliche Geschehen in Frankreich spielt dabei leider kaum noch eine Rolle. Die große Schwäche des Romans an diesem Punkt ist aus meiner Sicht, dass Francois keinem Glauben angehört und daher die Konvertierung auch keine Glaubenskrise auslöst. Es wird einfach recht sachlich - und damit leider eher langweilig - beschrieben, was sich in seinem Leben ändern würde. Wie er sich letzlich entscheidet, bleibt offen, was mir am Ende aber auch egal war, weil ich zu diesem Zeitpunkt jegliches Interesse an der Hauptfigur schon verloren hatte. Dies ist schade, weil mir die ersten 2/3 des Romans gut gefallen haben.

Letztlich bleibt Francois ein schwacher Charakter, der sich einfach vom Geschehen der Zeit mittreiben lässt, ohne selber Partei zu ergreifen. Dadurch werden auch die Änderungen in der Gesellschaft eher oberflächlich beschrieben. Schade!