Rezension

Irgendwie unbefriedigend

Der Hals der Giraffe - Judith Schalansky

Der Hals der Giraffe
von Judith Schalansky

Bewertet mit 2 Sternen

Ein Bildungsroman soll Der Hals der Giraffe sein. Was genau das ist, weiss ich nach der Lektüre allerdings genauso wenig wie vorher. Bildungsroman weil der Roman sich um Schule dreht? Weil eine Lehrerin erzählt? Weil für sie nur Bildung, Natur und Intelligenz zählen, aber keine Emotion? Ich weiss nur: Roman hätte auch gereicht. Besonders gefallen hat mir allerdings die Gestaltung des Buches. Das Cover wunderschön. Die Haptik klasse. Die Illustrationen toll. Die Überschriften sehr passend wie im Biobuch auf jeder Seite anders. Wow. Da hat sich jemand Gedanken gemacht.

Der Anfang des Buches war sehr vielversprechend. Den Teil in dem Erzählerin Inge Lohmark über Schüler und Kollegen sinniert war witzig, ironisch und intelligent. Eine Mischung aus "So isses!" und "Huch, das kann man doch nicht sagen!" Dazu kommt ein bisschen Bedenken, weil sie das tatsächlich ernst zu meinen scheint. Auch der Stil hat gefallen. Gedanken wie Gedanken nunmal sind: Kurz, prägnant und assoziativ. Die dabei entstandenen Assoziationsketten sind teilweise sehr klug und auf jeden Fall lesenswert. Eine tolle Leistung. Aber es gibt auch eine Schattenseite. Thematisch konnte der Rest für mich nicht mit den ersten 20 / 30 Seiten mithalten. Und wenn nicht interessiert über was Inge Lohmark gerade nachdenkt, konnte dieser Schreibstil auch anstrengend werden. Eine Sekunde Unaufmerksamkeit verzeiht das Buch nicht.

Der Hals der Giraffe ist kein Buch zum schnell mal durchlesen, auch wenn es recht dünn ist. Das Gelesene muss auch mal sacken zwischendrin. Und trotz der tollen Umsetzung und Idee konnte es mich letztlich nicht begeistern. Inge Lohmark ist wenig sympathisch. Es gibt nichts woran man sich festhalten kann in der Geschichte. Überall ist Niedergang. Ob Schule, Stadt, Bildung oder Familie, alles zerfällt und ist durch den emotionslosen Charakter Lohmarks zusätzlich kalt, nüchtern und irgendwie deprimierend. Inhaltlich ging es für mich stetig Bergab. Das Ende kam abrupt und war ziemlich unbefriedigend. Mir hat einfach etwas gefehlt.

Kommentare

Naibenak kommentierte am 16. September 2015 um 08:27

Danke für die schöne, aussagekräftige Rezi! Ich habe vor längerem mit dem Buch schon geliebäugelt. Ich glaube jetzt aber eher, das muss ich nicht unbedingt lesen ;-)