Rezension

It - Niemand lebt wohl sein Leben, ohne ein paar Alpträume zu haben...

Es - Stephen King

Es
von Stephen King

Bewertet mit 3 Sternen

Diese Rezension bezieht sich auf die 1986 erschienene Ausgabe, von der ich das Glück hatte eine zu ergattern :)

800! seitenlang war ich davon überzeugt Stephen Kings "Es" volle fünf Sterne zu vergeben. Sechs Menschen (Eddie, Ben, Richie, Stanley, Beverly und Bill) erhalten vom Bibliothekar der Stadt Derry in Maine namens Mike Hanlon einen Anruf. Nach diesem Anruf kehren Erinnerungen an eine vergessene Kindheit zurück in der sie alle Freunde gewesen waren. Schreckliche Erinnerungen... und ein Versprechen. Denn in Derry lebt etwas, ein "Es" von dem sie dachten, es als Kinder für immer vernichtet zu haben. Doch "Es" ist wieder da und es will Rache.

Seit Wochen hat mich "Es" begleitet, da es ein Wälzer ist, den man nicht so schnell runter lesen kann wie ich finde. King baut neben seinem Haupthandlungsstrang in der Gegenwart (1985) einen zweiten Haupthandlungsstrang in der Vergangenheit (1958) ein. Um diese beiden Stränge fügt er sehr viele weitere Geschichten und Erzählungen ein, oftmals von jedem der sieben Charaktere und beschreibt sehr detailreich und mit weiteren vielen Namen versehen Ereignisse und Erinnerungen. So etwas liest man nicht an einem Wochenende, daher habe ich dieses Buch Stück für Stück verschlungen und bis auf eine einzige Stelle ist dieses Buch auch großartig.

Der Beginn hat mir besonders gut gefallen und Klein-Georgie hat sich direkt in mein Herz geschlichen, genauso wie ich den Klub der Verlierer sehr ins Herz geschlossen habe. Ein großartiges Plus dieser Geschichte ist die herausragende Ausarbeitung der Charaktere. Immerhin 7 an der Zahl, doch jede einzelne Figur, auch die Charaktere neben den Hauptfiguren sind überaus authentisch und tiefgründig beschrieben. Ob nun Eddie, Ben, Bill oder Mike. Jede einzelne Figur konnte mich auf ihre Art berühren. Ich amüsierte mich über Richies Humor und litt mit Beverly durch ihren Vater. Selbst Stan konnte mich gerade am Anfang erreichen.

Weiterhin liebe ich die Idee und die Umsetzung der Vermischung von Gegenwart und Zukunft. Der ständige Wechsel der beiden Zeiten, hat mir oft eine Gänsehaut eingejagt und ich war sehr begeistert von dem Können, welches dahinter steckt. Auch "Es" oder Pennywise wie es sich anfangs nennt ist fantastisch ausgearbeitet. Die Idee ist einfach genial und das Kinder, die Helden sind und als Erwachsene nocheinmal in die Abgründe ihrer Kindheit tauchen müssen... großartige Idee einfach und auch großartig umgesetzt.

Obwohl es zugegebener Maßen ein paar Stellen gab, die sich sehr lang zogen und für meinen Geschmack hätten gekürzt werden können, war für mich "Es" sehr spannend. Das Buch übt eine Faszination aus, der man sich kaum entziehen kann. Auch wenn es stellenweise langatmig wurde, lohnt es sich, finde ich weiterzulesen, denn die vielen Erzählungen machen Sinn und tragen zur Beschreibung der Hauptfiguren stark bei.

Warum ein solches Loblied und dann "nur" drei Sterne? Ersteinmal finde ich sind drei Sterne gar nicht so schlecht und zum anderen:
Ich mache bei King vieles mit, denn wenn mir mal ehrlich sind, was dieser Autor so hinschreibt, ist schon ziemlich erschreckend, aber dennoch teilweise genial und man darf auch einfach nicht vergessen, dass es sich hier um das Genre Horror handelt. Also ich kann mit viel Blut, Grausamkeiten, Ekel und Schockmomenten leben, ja ich erwarte in einem King-Roman auch das ein oder andere Entsetzen. Abgetrennte Köpfe, herausgerissene Arme, zerstochene Augen, blutige Därme, verrückte Kinder, Wahnsinn - damit kann man in einem King-Roman rechnen, selbst wenn es Kindern geschieht.

Aber die zum Glück kurze Szene mit Beverly in den Tunneln (Spoiler: Sie schläft mit allen 6! Jungen im Alter von 10 bis 11 Jahre in einem dunklen, stinkenden Tunnel voller Scheiße) steht für mich außerhalb dieses wirklich guten Buches. Und da gibt es auch keine Diskussion! Diese Szene hat überhaupt keinen Sinn gemacht und steht so außerhalb der Handlung, dass ich die Seite am liebsten rausreißen würde! Bei King habe ich es schon öfter erlebt, dass ich dachte: Ups, was ist das denn jetzt, dass ist ja schon ziemlich verrückt, weiß er überhaupt was er da schreibt? Zum Beispiel die Schildkröte... die Stellen mit der Schildkröte irritierten mich etwas, ich fands zu bizarr, aber okay das ist Kings Stil halt.

Aber diese kurze Szene musste wirklich NICHT! sein und für mich hat sie den Schluss auch leider etwas zerstört. Da gibt es absolut keine Diskussion! King hat damit meine Grenze erreicht! Da ich dem Schlussteil einen Stern vergebe, dem Rest des Buches 5 Sterne komme ich insgesamt auf drei Sterne, was ich finde völlig okay ist!

"Es hat wieder angefangen", sagte Mike, und dann: "Wirst du kommen?"