Rezension

Jugend, Heimat, erste Liebe und die Schatten der Vergangenheit

Rosalie - Berni Mayer

Rosalie
von Berni Mayer

Bewertet mit 5 Sternen

Wirtshaus, Sägewerk, Sportplatz und über allem die katholische Kirche: So sieht die Welt der knapp 100 Einwohner im niederbayerischen Dorf Praam aus. Konstantin, Sohn des Wirts, wächst in den 1980er Jahr in diesem beengten Kosmos auf. Für ihn fühlt sich dieses Aufwachsen an, wie ein immer fortwährender Karfreitag. Das äußert sich darin, dass Konstantin nur schwarze Klamotten trägt und die Wände seines Zimmers mit schwarzen Postern beklebt. Aus dieser bleiernen Langeweile wird Konstantin aber eines Tages herausgerissen: die 14-jährige Rosalie zieht mit ihrem Vater von München nach Praam und stellt Konstantins Welt auf den Kopf.

Nach seiner Krimi-Trilogie um die Musikjournalisten Sigi Singer und Max Mandel hat Berni Mayer nun mit „Rosalie“ eine Coming-of-Age-Geschichte in der bayerischen Provinz vorgelegt, die tatsächlich etwas anders ist, als die üblichen Post-Heimatromane, die es sonst so auf dem Markt gibt.

Was zunächst nämlich nach einer typischen Geschichte über das Leben in der bayerischen Provinz, garniert mit einer Jugend-Romanze, aussieht, bekommt bald eine fundamentale Wendung. Beim heimlichen Stelldichein im heruntergekommen Wasserschloss machen Rosalie und Konstantin einen grausigen Fund, der die Verstrickung der alteingesessenen Dorfbewohner in ein sorgfältig verdrängtes NS-Verbrechen offenbart. Und diese Entdeckung hat weitreichende Konsequenzen. Gerade diese Mischung aus erstem Verliebt sein, Jugend auf dem Dorf und Umgang mit altem Verbrechen machen die Stimmung des Romans aus – verleihen ihm auch etwas düsteres, bedrückendes, ernüchterndes. Berni Mayer hat seinen Roman selbst als „Southern Gothic“ bzw. „Bavarian Gothic“ bezeichnet und das passt ganz gut, finde ich. Auch seine Figuren sind – zum Genre passend – recht speziell, werden aber mit viel Empathie beschrieben. Ein weiterer Pluspunkt: Mayer beleuchtet in „Rosalie“ die bayerische Provinz zwar kritisch – man hat aber zu keiner Zeit das Gefühl, dass er überheblich von oben herab darauf blickt. Die Geschichte ist aber auch nicht heimattümelnd oder verklärend. Mayer erzählt die Geschichte der beiden Außenseiter Rosalie und  Konstantin nüchtern, lakonisch und schnörkellos – trotzdem aber auch zart und mit ganz viel Gefühl zwischen den Zeilen. Ein sehr empfehlenswerter, bodenständiger Roman über Heimat, Jugend, Liebe und die Schatten der Vergangenheit.