Rezension

Kann beinahe mit dem ersten Teil mithalten

Legend 02 - Schwelender Sturm - Marie Lu

Legend 02 - Schwelender Sturm
von Marie Lu

Bewertet mit 4.5 Sternen

Sie haben sich ihre Freiheit erkämpft und trotzdem sind sie ganz alleine. Auf diese Weise können sie nie denen beistehen, die noch gefangen sind.
Doch sollen sie sich deswegen ausgerechnet denen anschließen, denen sie nicht trauen?

 

Day und June konnten den Soldaten der Republik entkommen, allerdings sind sie noch nicht in Sicherheit. Sie werden weiterhin gesucht, Day ist verletzt und sein todkranker Bruder befindet sich immer noch in den Händen seiner Feinde. Um eine Chance auf Rettung zu erhalten, sowohl für den Jungen, den sie liebt, als auch für Eden, ist June notgedrungen bereit, sich mit den Patrioten zu verbünden. In Las Vegas werden die zwei fündig und stoßen recht bald auf die erklärten Gegner der Regierung.
Allerdings verlangen diese einen hohen Preis für ihre Hilfe, den ausgerechnet June zahlen soll. Zuerst würde sie alles tun, aber dann kommen ihr Zweifel. Stehen sie und Day auf der richtigen Seite und ist deren Weg wirklich der einzige wahre?

 

 

Nach dem faszinierenden ersten Teil der Legend-Trilogie musste ich natürlich unbedingt wissen, wie es weitergeht. Und Schwelender Sturm ist wirklich mehr als ein Lückenfüller, selbst wenn das Buch nicht ganz an den Vorgänger heranreicht.
An den Figuren liegt das zumindest nicht. Marie Lu führt sie konsequent fort und stellt sie vor neue Herausforderungen, in denen sie sich beweisen müssen. Dabei bleiben sie sich soweit treu, wie man sie kennen und lieben gelernt hat: Der aufopferungsvolle Day, der sich stets selbst zurücknimmt und die überintelligente June, die sich sehr schwer tut, ihre wahren Empfindungen preiszugeben. Doch beide müssen auf ihre eigene Weise einsehen, dass das, was sie glauben zu wissen, vielleicht gar nicht der Realität entspricht. Diese Erkenntnisse verliehen ihrem jeweiligen Charakter weitere Facetten und machen sie umso glaubhafter und lebensnaher, als sie es noch Fallender Himmel waren.
Unterstützt werden sie dabei von hauptsächlich frisch eingeführten Protagonisten, die man meist auf den ersten Blick so gar nicht einschätzen kann. Gerade das fand ich unglaublich spannend und halte es für einen großen Pluspunkt des Romans.

 

Der Schreibstil steht demjenigen des vorherigen Bands in Nichts nach: Packend, bewegend und mit ausführlichen Beschreibungen der Schauplätze gespickt, sodass man sich alles bildlich vorstellen kann. Man ist sofort wieder in der Geschichte drin, wird regelrecht hineingeworfen und von dem Wechsel zwischen Action und Emotionen förmlich mitgerissen. Dazwischen sorgt die Autorin mit wichtigen moralischen Fragen, denen sich ihre Helden stellen müssen, für die nötige Tiefgründigkeit. Die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen immer mehr und man wird damit konfrontiert, wie weit Menschen gehen würden, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen und was sie dafür zu opfern bereit sind. Oder eben nicht.
Vor diesem Hintergrund entwickelt sich auch das Gefühlschaos zwischen Day und June weiter, leider nicht in jeder Hinsicht so positiv wie vorher. Es kommen weitere Kandidaten hinzu, was ich sehr unnötig fand, da schon genug Konfliktpotential vorhanden ist. Immerhin gehören die zwei unterschiedlichen Gesellschaftsschichten an und teilen im Stillen nicht unbedingt dieselben Ansichten über ihre Gegner. Trotzdem ist ihre Lovestory unter den herrschenden Umständen noch wesentlich realistischer als diejenige anderer Dystopien.

 

 

Schwelender Sturm, der zweite Teil der Legend-Trilogie von Marie Lu, ist wesentlich mehr als nur ein Lückenfüller zwischen Anfang und Ende. Die konsequente und logische Weiterentwicklung der Figuren, die neuen, schwer einzuschätzenden und daher spannenden Nebencharaktere und eine action- und gleichzeitig emotionsreiche Handlung schaffen es, den Leser mitzureißen und zu fesseln.
Allein das Liebeschaos zwischen Day und June, das an manchen Stellen etwas zu übertrieben dargestellt wird, schmälert meiner Meinung nach die Qualität im Vergleich zum ersten Band.
Wer Fallender Himmel geliebt hat, abwechslungsreiche und tiefgründige Dystopien mag und nachvollziehbare Protagonisten zu schätzen weiß, dem kann ich dieses Buch nur wärmstens ans Herz legen.