Rezension

Karen Thompson Walker: Ein Jahr voller Wunder

Ein Jahr voller Wunder - Karen Thompson Walker

Ein Jahr voller Wunder
von Karen Thompson Walker

Stellen Sie sich vor, die Erdrotation verlangsamt sich. Was passiert Ihrer Meinung nach mit der Vegetation, mit der Tierwelt und auch mit den menschlichen Beziehungen?

Joel, Helen und ihre Tochter Julia sitzen an einem ganz normalen Tag am Tisch, als die Nachricht durch die Presse geht, dass die Erde sich stetig langsamer dreht. Erst sind es ein paar Minuten, die die Tage länger werden, dann Stunde um Stunde um Stunde. Der normale Ablauf eines Tages gerät völlig aus den Fugen. Schlafen bei Dunkelheit ist keine Alltäglichkeit mehr, Kinder gehen im Dunkeln zur Schule, spielen „nachmittags“ unter erleuchteten Straßenlaternen und essen irgendwann zum letzten Mal in ihrem Leben Weintrauben. Pflanzen und Tiere sterben und es bilden sich zwei Parallelgesellschaften. Die Menschen, die nach der Echtzeit leben werden verachtet, verlassen die Städte und schaffen sich Kolonien in der Wüste. Andere versuchen, ihren normalen Rhythmus beizubehalten und leben weiter den klassischen 24-Stunden-Tag. Menschen werden krank und sterben, da ihre Körper nicht mit der veränderten Schwerkraft zurecht kommen, Sonnenstrahlung wird gefährlich wie nie zuvor.

All diese Veränderungen berichtet uns eine zurückblickende Julia, die schildert, wie ihre kindliche Welt aus den Fugen gerät und sich neu formt. Zarte Freundschaften werden geknüpft, andere zerbrechen. Familie bekommt eine völlig neue Gewichtung und Unbeachtetes und Alltägliches löst Sehnsucht und Verlangen aus. Der Geruch nach frisch gemähtem Gras, der Geschmack von Obst und Gemüse, das Gefühl von Sonne auf der nackten Haut und die Unbeschwertheit einer Zeit, die es so nie wieder geben wird.

Ein Roman, der zum Nachdenken anregt und einem bewusst macht, in was für einer faszinierenden, schönen und schützenswerten Welt wir leben, und wie diffizil und zart menschliche Beziehungen sein können.