Rezension

Kaufempfehlung! Die Smoke-Eventualität

Orphan X - Gregg Hurwitz

Orphan X
von Gregg Hurwitz

Bewertet mit 5 Sternen

1. Gebot: Suche dir ruhige Nachbarn.
Evan Smoak ist ein Traum-Nachbar:„Yes, Ma‘am“ zur älteren Nervensäge, ruhig ist er, sein Auto parkt er selbst, der jungen Mutter trägt er die Einkäufe. Nur die Eigentümerversammlung besucht er nie – selbst bei wichtigen Themen wie gratis Kombucha in der Lobby. Seine Wohnung hat er mit schusssicheren Fenstern ausgestattet. Und einem Versteck.
2. Gebot: Beginne dieses Buch nicht spät am Abend
Aber andererseits wird Schlaf ja auch völlig überschätzt.
3. Gebot: Eine gute Ausbildung ist das wichtigste im Leben
Lerne, Schmerzen zu ertragen, Nahkampf, an Waffen, gegen Pfefferspray, unter Wasser - bis du selbst eine Waffe wirst. Jedenfalls, wenn du im Orphan-Programm bist. Jemand, den es gar nicht gibt, von dem niemand weiß, auf sich allein gestellt.
4. Gebot: Du bist der Feind der Regierung
Zumindest offiziell – und zwar der Regierung des Staates, dem du dienst und den du schützt.
5. Gebot: Du bist nicht allein
Evan ist Orphan X. Das Programm begann bei Orphan A. Das sind verdammt viele.
6. Gebot: Hinterfrage deine Befehle
wie Evan es tat und dann untertauchte. Aber er trainiert weiter und lebt weiter nach den zehn Geboten derer, die ihn aufgezogen haben.
7. Gebot: Wenn du ein echtes Problem hast, solltest du Evan vertrauen
Gelegentlich hilft er Menschen, die sonst niemanden haben. Das kann ziemlich ungesund werden. Für die „Bösen“ - und gelegentlich für ihn.
8. Gebot: Achte Frauen
„Frauenrechte und das wirtschaftliche Wachstum eines Landes sind eng miteinander verknüpft.“ S. 145 Einfach, weil das ein so schönes Zitat aus dem Buch ist.
9. Gebot: Vertraue niemandem.
Aber was tust du, wenn du jemanden brauchst?
10. Gebot: „Jemandem das Menschsein beizubringen macht eine Menge Arbeit“
Aber was, wenn du das nie gelernt hast?

Eine filmische „Vorbildung“ schadet nicht - Evan hilft wie das „A-Team“, aber viel cooler, düsterer und als Einzelkämpfer. Wie in der Serie „Dark Angel“ gibt es mehrere wie Evan, sie wurden als Kinder ausgebildet – ohne den dystopischen Touch der Serie, ohne Gentechnik. Dazu kommt noch ein Hauch „Bourne-Identität“. Wer die genannten mochte, wird Orphan X lieben, aber auch die, die einen Top-Thriller lesen wollen ohne Slasher oder Triebtäter – also spannend, ohne eklig zu sein. Dazu hat sich Autor Hurwitz echt einiges einfallen lassen, mit guter Recherche unter anderem zum Kampfsport, aber auch zu VoIP-Server, VPN-Tunnel und Co. – dürfte auch Nerds und Männern gefallen (Spannung ist ja sonst immer mehr so die Frauen-Domäne).
Mini-Manko: einige Stellen der Übersetzung: Projects blieb unübersetzt – eine Sozialbausiedlung, dafür sagt man eher „Cayman-Inseln“ statt Kaimaninseln (beides S. 29) und ein Satz wie S. 341 „Irgendwo hinter diesen Fenstern wartete Katrin White auf ihn, die man gegen ihren Willen festhielt.“ (auf ihn…die??) holpert. Das mag ich nicht dem Buch und dem Autor ankreiden und es ist war auch nicht mehr, daher als 1. Gebot an den Verlag: Du sollst mehr in die Übersetzung (oder ihre Kontrolle) investieren.
Volle Punktzahl!

 

Tipp für ein Folgebuch:

Andreas Pflüger: Endgültig

Eine Frau als Hauptfigur statt eines Mannes, es gibt ein Team, dennoch agiert auch sie gerne als Einzelkämpfer. Auch hier ein geheimes Team - in Deutschland und nicht völlig außerhalb der Legalität. Auch hier die Kindheit vorbestimmend - der Vater eine GSG9 - Legende. Und: die Frau wird bei einem Einsatz blind. Auch dieses ohne Slasher und Co.