Rezension

Kaum Spannung und anstregende Figuren

Glücksmädchen - Mikaela Bley

Glücksmädchen
von Mikaela Bley

Bewertet mit 2 Sternen

„Glücksmädchen“ handelt von der Kriminalreporterin Ellen Tamm, die mit den Dämonen kämpft, die sie heimsuchen, seit ihre Zwillingsschwester Elsa starb. Seit diesem Tag ist sie von Tod besessen und hat deswegen ihre Besessenheit zum Beruf gemacht. Als die achtjährige Lycke spurlos verschwindet, teilt ihr Chef diesen Fall zu. Ellen erinnert dieser Fall mehr als alle andere an den ihrer eigenen Schwester, daher kniet sie sich umso mehr in den Fall der kleinen Lycke, in der Hoffnung wenigstens sie retten zu können. Dass sie sich damit selbst ins Schussfeld begibt, stellt sie zu spät fest.

Die Ausgangslage dieses Psychothrillers hat mir eigentlich gut gefallen. Denn wir haben wieder eine einzelne Protagonistin, die nur zweitrangig mit Kriminalität zu tun hat und deren Aufdeckung von Verbrechen also eher als Laientätigkeit bezeichnet werden kann. Solche Geschichten öffnen neue Horizonte und Momente, die eventuell von Schema F abweichen.

Doch dieses gute Gefühl, dass ich mir vorab versprochen hatte, wollte sich nie so wirklich durchsetzen. Der Prolog reißt einen bereits nicht vom Hocker. Er ist zwar kurz und mysteriös, aber letztlich so nichtssagend, dass man ihn für jedes andere Buch vermeintlich auch verwenden könnte. Der Einstieg in das Buch gelingt danach zwar mit Tempo (langes Vorstellen der involvierten Figuren wird dafür ausgespart), denn der Fall wird direkt präsentiert und die Protagonistin agiert sogleich intensiv. Dafür wandelt sich das Bild jedoch plötzlich. Die Handlung stockt, stattdessen verharren wir bei den Perspektiven von insgesamt vier Frauen, die sich eher an Langeweile denn an Spannung überbieten.

Damit sind wir beim großen Kritikpunkt meiner Rezension: die Perspektiven. Neben der Protagonistin erleben wir das Geschehen zusätzlich aus der Perspektive von drei weiteren Frauen, die allesamt etwas mit dem verschwundenen Mädchen zu tun haben. Schön und gut, ich bin eigentlich ein großer Fan von Geschichten, die aus vielen Perspektiven erzählt werden, aber hier war eine Frau (selbst die Protagonistin) unsympathischer als die andere. Es gab keine Perspektive, in die ich mich wirklich hineinversetzen konnte, stattdessen haben mich die Frauenfiguren sehr konsterniert zurückgelassen. Ellen Tamm bietet sicherlich irgendwo eine Faszination, weil sie gequält ist von ihrer Vergangenheit, aber letztlich ja für das Gute kämpft, aber dennoch gewinnt man schnell den Eindruck, dass man sich auf sie nicht verlassen kann. Sie wirkt labil, launisch, häufig überfordert, diese Mischung ist auf Dauer schwer zu ertragen.

Zudem nehmen die ausschließlich weiblichen Perspektiven im Endeffekt die Lösung des Falles Lycke voraus. Irgendwann ist das große Ganze klar, weil alles so deutlich darauf hinsteuert. Man hätte ja noch gehofft, dass die Geschichte vielleicht am Ende noch eine ganz andere Wendung macht, aber die Geschichte endet genau so, wie sie die ganze Zeit langatmig vorbereitet wurde. Da sind Überraschungen in den Nebenhandlungen aber nicht mehr die Handlungsaspekte, die das Ruder rumreißen können.

Fazit: Das Genre Psychothriller ist bei „Glücksmädchen“ stark anzuzweifeln. Psycho ja, aber kein Thriller. Dafür ist alles zu früh offensichtlich und atemlose Spannung kommt einfach nicht auf. Dazu eben Figuren, die allesamt anstrengend oder unsympathisch sind. Hier stimmt einfach die Mischung nicht, so dass ich nur enttäuschende zwei Sterne geben möchte.