Rezension

Kein glaubwürdiger Inhalt, keine lesenswerte Sprache

Das Mädchen mit dem Fingerhut - Michael Köhlmeier

Das Mädchen mit dem Fingerhut
von Michael Köhlmeier

Bewertet mit 2 Sternen

Selten hat mich ein Buch so enttäuscht: mit der Unbestimmtheit des Ortes und der Zeit hätte ich mich abfinden können, auch mit den seltsam distanziert gezeichneten Charakteren, aber nicht mit der Sprache.

Dabei fing es so schön mit dem Blick auf das Cover an: ein ernstes kleines Mädchen mit traurigen Augen, wie ein altes Gemälde. Tatsächlich ist es ein Ausschnitt aus 'Niñas pobres' von Rafael Martínez Díaz und hängt in einem Museum in Sevilla.

Wo und wann die Geschichte spielt, wird nicht ersichtlich. Wir lernen die 6-jährige Yiza kennen, die ihren richtigen Namen nicht einmal selber kennt. Ein 'Onkel' stellt sie jeden Tag in einem Lebensmittelgeschäft ab, damit sie es warm hat und Essen bekommt. Abends holt er sie wieder ab, doch eines Tages bleibt er aus und Yiza irrt in der Stadt umher. Sie kommt in ein Heim, sie wird krank und von einer besitzergreifenden älteren Frau gesund gepflegt, aber immer wieder flieht sie, zuerst mit zwei anderen Jungen, dann nur noch mit Arian, mit dem sie sich sprachlich nicht verständigen kann, übrigens auch mit niemand anderem. Warum ein so kleines Kind im Winter die geschützten Räume verlässt, wurde mir auch beim weiteren Lesen nicht klar und ich empfand es als unglaubwürdig. Das Ende ist seltsam, nicht nur ein schrecklicher Vorfall, sondern auch der kurze Abschnitt danach. Wie ist das einzuordnen?

Zuerst dachte ich, die einfache Sprache mit den vielen Wiederholungen passe zum Kind, aus dessen Sicht erzählt wird.

"Wir tun fernsehen. Ist das gut? … Arian sagte: Das ist gut. Er sagt, das ist gut, sagte Schamhan. Da sagte Yiza auch: Das ist gut."

Ich verstehe schon, dass der Autor damit vielleicht die Qualität der Kommunikation der Kinder untereinander beleuchten will, die unterschiedliche Sprachen sprechen. Und trotzdem fühlte ich mich geradezu provoziert, zumal solche Stellen öfter vorkommen.

Kurz und gut: für mich ist die Handlung unglaubwürdig, die Charaktere empfinde ich als nicht authentisch und die Sprache ärgert mich geradezu.