Rezension

Kein Ruhmesblatt

Die rote Löwin - Thomas Ziebula

Die rote Löwin
von Thomas Ziebula

Bewertet mit 2 Sternen

Eieiei, man hat mir erzählt, der Autor hätte es drauf. Deshalb nehme ich an, dieses Buch ist nur ein "Ausrutscher", ein Experiment, das hoffentlich nicht wiederholt wird.

Mit diesem Roman hat sich der Autor, nach eigenen Angaben, an einem neuen Genre versucht, dem sogenannten Histo-Thriller. Das Setting liefert die Historie, man befindet sich im Hochmittelalter, definiert von 1170 bis 1250. Die Atmosphäre des Mittelalters zu vermitteln, ist gelungen, einer der Pluspunkte des Romans. Der Roman setzt um 1205 ein und wählt als leider viel zu leisen Hintergrund den Thronstreit zwischen Philipp von Schwaben und Otto IV.

Die Thrillerseite liefern die Protagonisten. Bezüglich des näheren Inhalts verweise ich auf den Klappentext, kurz zusammgefasst geht es um Rache, Mord und Totschlag, reichlich Totschlag, Blut fließt in Strömen, die Figuren sterben wie die Fliegen, Sex and Crime eben.

Action entsteht durch die gedrungene Erzählweise. Hauptsatz reiht sich an Hauptsatz und so entsteht ein stakkatohafter, vorwärtstrebender Text, der Unmittelbarkeit und Atemlosigkeit vermittelt. Durch diese Schreibweise verliert der Text jedoch an Geschmeidigkeit, Beschreibungen treten in den Hintergrund, Erklärungen sind weitgehend ausgespart, für die Darstellung innerer Konflikte ist wenig bis gar kein Raum. So bleiben die Charaktere der Personen unausgeformt und auf wenige Eigenheiten reduziert, die Schwarzweißmalerei bezüglich der Protagonisten begrenzt den Text überdies auf eine simple Story ohne Tiefgang, gewürzt mit ein bisschen Sex und viel Brutalität, im Abgang mit (viel zu) heftigem Showdown. A propos Sex, über Sex so zu schreiben, dass es weder peinlich, lächerlich oder einfach nur vulgär ist, ist eine der größten Herausforderungen eines ernsthaften Schriftstellers. Nur selten gelingt es, eine adäquate Ausdrucksform zu finden. „Die Rote Löwin“ ist kein Paradebeispiel!

Stilistisch gesehen, führt der Autor seinen Plot ohne Wenn und Aber zum Ziel, er hat sein Buch in der Hand, was anerkennenswert ist, doch lässt er sich, wohl, um die altertümliche Redeweise des Mittelalters zu imitieren, zu peinlichen Formulierungen hinreißen. Sätze wie „In seinen Eingeweiden ballte der Neid die Fäuste“, „Unter Runjas Zwerchfell flatterte ein Schwarm Sperlinge auf“, „Die Glut des Hasses in seiner Brust glühte heißer“, sind ein literarisches Armutszeugnis, ein absolutes NoGo und machen „Die Rote Löwin“ zusammen mit den Softpornoszenen zu einem äußerst schwachen Echo, denn „Kitsch ist das Echo der Kunst“, sagt Kurt Tucholsky.

Das Erzählerische, das aus Protagonisten anrührende Zeitzeugen macht, die aus ihrer Zeit heraus beurteilt werden müssen, und von deren Erleben her der Leser einen Sinn für Geschichte enwickelt, wurde zugunsten des anspruchslosen, völlig belanglosen und beliebigen Sex and Crime aufgegeben.

Der „Fehler“ liegt nicht in dem Bestreben, unter einer Seitenzahl von 400 zu bleiben, sondern darin, ein schlichtes und massentaugliches Buch verkaufen zu wollen. Die dafür notwendigen Trashelemente sind bekannt und wurden in diesem Sinne ein- und umgesetzt. Das gute Nachwort reißt leider nichts mehr heraus.

Kurzfristig mag diese Strategie aufgehen, langfristig schadet sie. Das Segment der anspruchsvolleren Käufer/Leser mag kleiner sein, trotzdem sollte ein Autor, um seines guten Rufes willen, darauf achten, was er schreibt und für wen er schreibt.

Fazit: Histokitsch im Histothriller und kein Ruhmesblatt für den bisher erfolgreichen Autor.

Kategorie: Historischer Roman
Verlag: Bastei Lübbe, 2017

Kommentare

katzenminze kommentierte am 30. Januar 2017 um 19:44

"Die Glut des Hasses in seiner Brust glühte heißer"
*kicher* ^.^