Rezension

Kein Vergleich mit "Tage der Toten"!

Corruption
von Don Winslow

Don Winslow hat mit seinem „War-of-drugs“ Epos „Tage der Toten“ Maßstäbe gesetzt. Maßstäbe, die nun auch an seinen neuesten Thriller „Corruption“ angelegt werden. Fünf Jahre hat er für dieses Buch recherchiert, und die Ergebnisse in einen Cop-Thriller gepackt. Im Zentrum stehen die Angehörigen einer NYPD Spezialeinheit, die Manhattan North Special Taskforce, oder kurz „The Force“ (so auch der Originaltitel) genannt, deren Einsatzgebiet üblicherweise Harlem ist. Die Hauptfigur Detective Denny Malone steht stellvertretend für die New Yorker Cops. Und wenn man den Aussagen Don Winslows (geäußert in diversen Interviews) Glauben schenken kann, ist die Figur eng an die Realität angelehnt.

Malone, Sohn eines Polizisten, ist angetreten, um zu schützen und zu dienen. Aber einmal falsch abgebogen, und schon zeigt der Kompass eine andere Richtung an. Nun schiebt er seit 18 Jahren Dienst beim NYPD, leitet mittlerweile sein eigenes Team und fühlt sich wie der King von Manhattan. Und so benimmt er sich auch. Er bestimmt die Regeln, immer und überall. Überheblich, scheinheilig, unsympathisch, gewalttätig, manipulativ – und korrupt. Lässt sich von Dealern schmieren, besticht Richter und hat kein Problem damit, sichergestellte Beweismittel so zu manipulieren, wie es seiner Sicht der Lage entspricht. Oder bei einer Razzia immense Bargeldbeträge und Drogen zu unterschlagen, diese unter seinem Team aufzuteilen und zu bunkern.

Eine Millionenmetropole, aber dennoch ist es eine kleine Welt, in der sich Malone bewegt. Freunde – nur sein Team. Familie – verlassen. Geliebte – drogenabhängig. Einzig seine beiden Teamkollegen und die Macht, die er auf der Straße hat, verleihen ihm Sicherheit. Hinterfragt er sein Handeln? Manchmal, in einer schwachen Stunde. Aber er ist ja noch immer der festen Überzeugung, dass sowohl er als auch seine Kollegen gute Gründe für ihr Verhalten auf der Straße haben.

Aber dann kommt der Tag, an dem Malone in den Fokus des FBI gerät. Sie wollen Informationen, zuerst nur Namen von korrupten Anwälten und Richtern, dann aber auch von käuflichen Cops. Und das ist das Schlimmste, was einem wie Malone passieren kann. Er muss zum Verräter, zur Ratte werden, um seine eigene Haut zu retten.

Es sind mafiöse Strukturen, die in allen Bereichen des öffentlichen Lebens zu finden sind. New York, der „Big Apple“, fault von innen heraus, rechtschaffene Menschen scheinen Mangelware zu sein. Jeder ist käuflich und denkt nur an seinen eigenen Vorteil. Und das üblicherweise in monetärer Form. Geld ist alles, die Triebfeder. Alle anderen Gründe sind nur vorgeschoben. Nichts funktioniert ohne Cash. Ob das die Vergabe von Aufträgen oder gekaufte Gerichtsurteile sind. Moral, Skrupel, Wertesystem – Fehlanzeige. Strahlende Helden sucht man in diesem Thriller vergeblich.

Das ist (wahrscheinlich) authentisch und (natürlich) knallhart, erschütternd und zutiefst pessimistisch auf jeden Fall. Action gibt es genügend, sowie schöne Beschreibungen von Harlem. Aber die Story an sich ist mir zu eindimensional, überladen mit den Klischees der unzähligen Supercops mit entsprechendem Korpsgeist, die wir aus diversen Filmen kennen. Leider nicht vergleichbar mit „Tage der Toten“. Schade!