Rezension

Keine Angst vor Klassikern!

Jenseits von Eden - John Steinbeck

Jenseits von Eden
von John Steinbeck

Bewertet mit 4.5 Sternen

Lieber Pat Du trafst mich dabei, wie ich ein Holzfigürchen schnitzte, da sagtest du: "Warum machst du mir nicht einmal etwas?" Ich fragte dich, was du gern möchtest, und da sagtest du: "Ein Kästchen." "Wozu?" "Um allerhand hineinzutun." "Was denn?" "Was du eben hast", sagtest du. Nun, hier ist das Kästchen. Ungefähr alles, was ich habe, ist darin, und es ist nicht voll. Leid und Aufschwung sind darin, gute Stimmungen und schlechte Stimmungen, böse Gedanken und gute Gedanken, die Lust des Planens und etwas Verzweiflung und die unbeschreibliche Freude des Schaffens. Ganz obendrauf aber alle Dankbarkeit und Liebe, die ich für dich hege. Und das Kästchen ist noch nicht voll. John

Um Jenseits von Eden zu beschreiben, reicht fast schon die oben wiedergegebene berührende Widmung Steinbecks aus - die mir ganz nebenbei richtig Lust auf das Buch gemacht hat! Ich will es trotzdem mal in meinen eigenen Worten versuchen.

Der Roman hat eine mitreißende Sprache und wundervolle, bildhafte Beschreibungen. Allein wie Steinbeck zu Beginn das Salinastal beschreibt lässt einen ins träumen geraten. Erstaunlich war – und das ist mir erst nach beenden des Romans aufgefallen – ich musste trotz des umfangreichen Personals nicht ein einziges mal überlegen, wer wer ist. Die Charaktere sind so individuell und plastisch beschrieben, dass einfach keine Verwechslungsgefahr besteht. Selbst die Nebencharaktere haben ihre Geschichten und bekommen genügend Platz eingeräumt um sie zu etwas besonderem zu machen. Schön war auch, die Entwicklung der Charaktere zu verfolgen. Grob gesagt über zwei Generationen und von der Kindheit ins Erwachsenenleben verändert sich auch mal etwas. Die Erkenntnisse, Selbstzweifel und Schicksalsschläge mitzuerleben ist spannend. Und Steinbecks Charaktere sind nicht statisch. Sie verändern sich; sie leben. Cathy war dabei ein besonderer Charakter. Sie ist schlicht böse und das sorgt hier für das Sprichwörtliche Salz in der Suppe. Sie sorgt für allerhand Dramen und ist ein Charakter, den man wunderbar hassen kann. Jeder gute Roman braucht so jemanden! Aber auch mit den andern kann man wunderbar mitfiebern.

Hier und da haben sich bei Diskussionen oder Beschreibungen ein paar Längen eingeschlichen, die aber nicht ins Gewicht fallen. Gerade die philosophischen Gespräche haben mir in dem meisten Fällen nämlich besonders gefallen. Steinbeck liefert hiermit viel Stoff zum nachgrübeln. Und es lohnt sich sogar hier und da ein paar Dinge nachzuschlagen, die im Buch erwähnt werden. Ein bisschen Bibelwissen auffrischen oder nachschauen woher die Namen der Charaktere kommen, kann durchaus spannend sein! Auch hat mich erstaunt, wie viel Witz Steinbeck in diesen zumeist ernsten und oft tragischen Roman gepackt hat. Es gibt immer wieder Anekdoten, Gespräche oder Nebensätze, die viel (trockenen) Humor beweisen und die beim lesen ein Lächeln ins Gesicht zaubern.

Steinbeck hat mit Jenseits von Eden einen beeindruckenden Roman geschrieben. Die Geschichte der Familie Trask ist mitreißend, spannend, tragisch, traurig und dann wieder lustig und hoffnungsvoll. Nur wer beim lesen komplett den Kopf ausschalten möchte, ist hiermit nicht gut beraten. Man verpasst dann einfach zu viel.
Ich kann nur immer wieder sagen: Keine Angst vor Klassikern! Einfach lesen.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 22. Juni 2017 um 22:35

Schau, du hast es richtig erfasst. Die Nebenfiguren brauchen genau so viel Sorgfalt wie die Hauptfiguren, nur dann wird ein exzellenter Roman draus. Nathan Hill schreibt auch so, nein natürlich nicht wie Steinbeck, aber mit dieser Sorgfalt für die Nebenfiguren.

katzenminze kommentierte am 22. Juni 2017 um 23:15

Oh schön! Seine "Geister" möchte ich auch noch unbedingt lesen!

LySch kommentierte am 23. Juni 2017 um 10:36

"Geister" bekomme ich bald *freu*

Naibenak kommentierte am 23. Juni 2017 um 11:10

Das stimmt, Wanda!!!! Bzgl. Geister... ich sag nur: Pwnage!!! So groß!!!

LySch kommentierte am 23. Juni 2017 um 10:35

Das klingt ja nach einem wirklich schönen Klassiker, Minzi! :) Schöne Rezi, danke!

Naibenak kommentierte am 23. Juni 2017 um 11:12

Will ich auch unbedingt noch lesen, Minzi!!! Kommt Zeit, kommt Zeit... *lach*. Danke für diese schöne Rezi! <3

katzenminze kommentierte am 23. Juni 2017 um 11:22

Ach: Susi hatte es 20 Jahre im Regal stehen und buechermauschen 15 bevor sie es gelesen haben. Das hält sich! ;)

LySch kommentierte am 03. Juli 2017 um 10:03

Ich fänds ja jetzt als neue Prämie klasse! :)