Rezension

keine leichte Kost

Das Mädchen mit dem Haifischherz - Jenni Fagan

Das Mädchen mit dem Haifischherz
von Jenni Fagan

Bewertet mit 3 Sternen

Genre: Jugend/ junge Erwachsene
Klappentext:
"Anais Hendricks ist fünfzehn und sitzt auf dem Rücksitz eines Polizeiautos. Ihre Schuluniform ist blutverschmiert, und am anderen Ende der Stadt liegt eine Polizistin im Koma. Doch Anais kann sich da an nichts erinnern. Jetzt ist sie auf dem Weg ins Panoptikum, eine Besserungsanstalt für schwer erziehbare Jugendliche, die für das Waisenkind am Ende einer langen Kette von Heimen und Pflegefamilien steht. Das Panoptikum, ein ehemaliges Gefängnis im Niemandsland der Provinz, scheint wie gemacht für Anais, die mittlerweile sowieso denkt, sie sei ein Experiment, das Objekt einer Reihe von Versuchen, die zeigen sollen, wann ein Mensch zerbricht. Während Anais mit ihrer schwierigen Vergangenheit ringt und sich mit Mut und Fantasie durch ein Fürsorgesystem boxt, das ihr einen Schlag nach dem anderen versetzt, findet sie in den anderen Jugendlichen des Panoptikums fast so etwas wie eine Familie. Eine Familie, die sich ihre eigenen Mythen und Legenden schafft und deren Bande stärker sind als das System, aus dem es scheinbar kein Entkommen gibt. Es sei denn, du hast ein Haifischherz und Freunde, die dir helfen, ihm zu folgen ..."
Meine Meinung:
Dieses Buch war eine echte Herausforderung für mich und ich habe nicht nur lange gebraucht, es zu lesen- auch die Rezension zieht sich nun schon über 2 Wochen hin, weil ich immer wieder darüber nachdenken musste, ob es mir nun gefällt oder nicht.
Ich bin durch den Klappentext von einer komplett anderen Geschichte ausgegangen. Irgendwie habe ich fantastische oder dystopische Elemente erwartet - doch das war komplett falsch! Als Leser taucht man durch die Ich-Perspektive komplett in die völlig verwirrende und teilweise schizophren anmutende Gedankenwelt von Anais ab, die mit ihren 15 Jahren schon auf eine Drogenvergangenheit zurücksehen kann, die einfach nur erschreckend ist. Nun bekommt sie im Panoptikum, einer Anstalt für schwererziehbare Jugendliche, ihre letzte Chance, nachdem sie eine Polizistin ins Koma geschlagen haben soll. Hier lernt sie Jugendliche kennen, die aus ähnlich kaputten Verhältnissen stammen wie Anais. Zu Einigen entwickelt sie auch so etwas wie eine Freundschaft, aber auch nur fast, denn vertrauen kann sie eigentlich niemandem mehr.
Leider kommt Anais auch im Heim immer wieder an Drogen, die sie zu sich nimmt als seien es Kaugummis und so hatte ich die ganze Zeit das Gefühl, Anais niemals nüchtern zu erleben. Es war dadurch manchmal gar nicht einfach ihren Gedankengängen und damit der Handlung zu folgen.
Traurig und hoffentlich ein wenig unrealistisch war das Verhalten der Betreuer, die angeblich überhaupt nicht bemerken, dass die Jugendlichen im Panoptikum weiterhin ihrer Drogensucht und der Finanzierung dieser durch Prostitution, Diebstahl und Ähnlichem nachgehen.
Die Sprache und der Ton in diesem Roman sind hart und gewöhnungsbedürftig, da viele, teilweise ziemlich heftige Beschimpfungen und Beschreibungen verwendet werden. Durch diese Sprache war mir Anais von Beginn an unsympathisch, auch wenn sie durch ihre Heim- und Pflegefamilienerfahrungen vielleicht wenige Chancen hatte, anders zu werden. Ihr Unwille, sich zu verändern, allen anderen die Schuld zu geben und ihre vielen Lügen und Halbwahrheiten machten sie für mich auch über das gesamte Buch hinweg nicht gerade liebenswerter.... Die anderen Charaktere des Buches bleiben blass, da sie komplett durch Anais Sicht beschrieben sind und sie verhältnismäßig wenig Interesse an anderen Menschen hat... Dabei sind gerade auch deren Schicksale ergreifend und bedrückend, da sie aber nur kurz angerissen werden, bleibt vieles einfach im Schatten verborgen.
Fazit:
Für mich war das Lesen dieses Buches wirklich kein Genuss. Die Hoffnungslosigkeit und Unfähigkeit der Jugendlichen sich aus ihrer Situation zu befreien, aber auch die der Betreuer und der Gesellschaft, ihnen dabei zu helfen, haben mich traurig und nachdenklich zurückgelassen.
Für Leser, die "Christiane F. - Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" kennen, wird die Geschichte um Anais wenig überraschend, aber dafür um so realer sein. Für ein Jugendbuch finde ich es fast zu heftig, aber für ältere Jugendliche, die mit dieser harten Sprache und den teilweise derben Beschreibungen umgehen können, ist es trotzdem lesenswert und sollte zum Diskutieren über Drogen, über Gewalt, aber auch über Einsamkeit anregen.
Von mir gibt insgesamt nur 3 Sterne, da ich einfach nicht mit Anais oder einem anderen Charakter aus dem Buch warm geworden bin, was für mich einfach zu einem guten Buch dazugehört. Auch die fehlende Entwicklung der Geschichte und der Charaktere gefallen mir nicht.

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