Rezension

Keine leichte Lektüre

Der Zug war pünktlich - Heinrich Böll

Der Zug war pünktlich
von Heinrich Böll

Bewertet mit 4 Sternen

Andreas ist in einem Zug, der ihn an die Ostfront zurückbringen soll, doch er kann sich nicht vorstellen, dass er dort jemals ankommen wird. Wenn er versucht, daran zu denken, fühlt er eine Mauer. Für ihn ist gewiss, dass er vorher sterben wird. Noch hat er einige Tage im Zug. Er versucht, die Leere durch Kartenspiel und Rum zu betäuben, doch immer wieder kehren seine Gedanken dahin zurück.

In Lemberg trifft er eine polnische Spionin, die ihn zu retten versucht.

Das war der Härtetest. Böll hat auch diesen bestanden. Ich hasse Bücher über den 2. Weltkrieg, doch dieses würde ich sogar ein zweites Mal lesen. Selten so eine eindringliche Erzählung über die Sinnlosigkeit des Krieges und die Gefühle eines Soldaten in dieser Zeit gelesen. Da Böll diese Erzählung unmittelbar unter dem Eindruck des Frontdienstes geschrieben hat, kann man auch noch von wirklich empfundenen Emotionen ausgehen. Wahrscheinlich macht genau das dieses Buch so glaubwürdig und stößt mich nicht ab, während „Jugend ohne Gott“ und „Damals war es Friedrich“ einfach nur furchtbar waren.

Interessant in diesem Werk ist auch der ständige Perspektivwechsel. Eingeführt wird die Hauptfigur als „der Soldat“. Übergangslos taucht dann der Name Andreas auf und dann ist man plötzlich im Innenleben, der Figur. Genauso unmittelbar wird man dann auch wieder hinausgeschleudert und sieht ihn nur noch von einer unpersönlichen, weiten Entfernung. Deutlicher kann die Zerrissenheit des Soldaten gar nicht mehr auf den Leser übertragen werden, der dadurch auch noch gezwungen ist, über das Erzählte nachzudenken. Er kann sich nicht mit dem Soldaten identifizieren. Immer wenn man sich in die Figur hineingefühlt hat, wird man herausgeschleudert und muss die Ansicht, die einen gerade noch gepackt hat überdenken. Man ist gezwungen, die Erzählung als Ganzes zu betrachten.