Rezension

Keine Sturzbäche ausgelöst

Auf Zehenspitzen berühre ich den Himmel
von Amanda Prowse

Bewertet mit 3 Sternen

"Auf Zehenspitzen berühre ich den Himmel" handelt von der jungen Mutter Poppy, für die die unheilbare Krebsdiagnose von einem auf den anderen Tag über sie hineinbricht. Schwankend zwischen Depression und Lebenswille versucht sie sich in ihren letzten Monaten auf ihre Familie und ihre in der Hochzeitsnacht getätigten Lebenswünsche zu konzentrieren, aber das Leben schlägt stets unerwartet zurück.

Romane mit ähnlichem Klappentext und Grundidee haben in den letzten paar Jahren regelrecht den Markt überschwemmt. Ich habe diese immer sehr gerne gelesen, aber dieses eine Buch, das mich wirklich bis in die Zehenspitzen berührt und mit Emotionen über mich einstürzt, das habe ich leider noch nicht dabei gehabt... Also gab ich "Auf Zehenspitzen berühre ich den Himmel" gerne eine Chance diese Erwartung zu erfüllen.

Der Roman hat einen recht flotten Erzählstil. Der Roman deckt Poppys letzte Lebensmonate ab und diese werden im Rückblick betrachtet doch recht zügig abgearbeitet. Insgesamt handelt es sich um einen recht kurzweiligen Roman. Dies wurde auch dadurch begünstigt, dass der Humor trotz der Thematik einiges an Humor zu bieten hatte und da muss man sich vor allem so eine herrlich lustige Kinderfigur wie die Peggy loben.

Poppy als Protagonistin war überzeugend, ich hatte durchaus das Gefühl, dass sie die ganze Bandbreite an Gefühlen, die man in so einer Situation wohl hat, abgedeckt hat und das auch überzeugend. Mit den weiteren Nebenfiguren hatte ich durchaus meine Schwierigkeiten. Gerade Poppys Mutter, Martin und Jo wurden häufig sehr egoistisch dargestellt und bei letzteren beiden hat mir häufig das i-Tüpfelchen an Unterstützung für Poppy gefehlt. Auch sie hatten berechtigterweise ihre Probleme, aber ihre Bedürfnisse standen für sie gefühlt doch immer ein Stückchen weiter oben. Es gibt auch Oma Claudia, die durchaus sympathisch angelegt war, aber dafür, dass sie Poppys Ersatzmutter ist, ging sie im Geschehen fast unter. Aus den Nebenfiguren ist wirklich wenig gemacht worden.

Wenig gemacht wurde in meinen Augen auch aus der Krebsthematik. Im Mittelpunkt stand ganz klar Poppy, ihre Gedanken und Gefühlen und ihre Rolle als Mutter. Alles andere kam in weiten Teilen kaum zum tragen. Auch die Folgen für die Ehe wurden nicht so offensichtlich beleuchtet, der Effekt auf die Kinder (der richtig Potenzial gehabt hätte!) war so geringfügig, dass ich echt das Gefühl hatte, dass mir zahlreiche Szenen genommen wurden, die mich richtig berührt hätten können und die aus diesem Buch eine Perle hätten machen können.

Stattdessen wurde noch eine Portion Drama hinzugefügt, die man wirklich nicht erwartete hätte. Die hat auch nur kurz Wirkung, wird wie vieles in diesem Roman sehr schnell abgehandelt. Die große Stärke ist dann im Sterbeprozess selbst zu finden. Dieser ist emtionsgeladen und authentisch verpackt. Dazu trägt der eher kritsch von mir gesehene Martin das ganze so verletzlich, das man meint, selbst Poppy als Ehefrau verloren zu haben. Das Ende ist bis auf den Epilog (den hätte man sich wirklich sparen können!!!) wirklich richtig stark!

Fazit: "Auf Zehenspitzen berühre ich den Himmel" hat einige gute Ansätze (Poppy, die herzallerliebste Poppy, eine eigentlich wunderbare Jugendliebe), aber diese kommen nicht wirklich zum Zug, weil vieles schnell erzählt wird. Einiges wird in meinen Augen weggelassen und daher entsteht leider nicht diese absolut intensive Beziehung zu der Protagonistin und ihrer Familie, als dass ich über die fast 400 Seiten hätte Bäche vergießen können. Aber das Ende ist gut gemacht und ist dadurch ein Fingerzeig, was über die gesamte Romanlänge hätte sein können.