Rezension

Komödie mit Biss und Tiefgang

Die Frau nebenan - Yewande Omotoso

Die Frau nebenan
von Yewande Omotoso

Bewertet mit 5 Sternen

Dieses Buch erinnert ein wenig an „Gute Geister“ von Kathryn Stockett. Es sollte ein Bestseller werden und den Film möchte ich auf jeden Fall sehen. 

Hortensia und Marion leben in Katterijn bei Kapstadt, eine Siedlung für Reiche, Privilegierte. Sie sind Nachbarinnen, kultiviert, wohlhabend, Künstlerinnen, jenseits der 80 und pflegen seit  Jahrzehnten ihre Feindschaft. Hortensia ist schwarz und Marion weiß, aber das ist es nicht allein, was sie trennt. 
Als Hortensias Ehemann stirbt, gerät ihr wohl geordnetes Leben aus den Fugen. Auch Marion hat mit nie geahnten Problemen zu kämpfen.

Zunächst meint man in einer Art Vorstadt-Komödie gelandet zu sein. Es ist köstlich, wie sich die zwei alten Damen schikanieren. Sie nehmen kein Blatt vor den Mund, der Sarkasmus trieft, die Bosheit ist schon fast Tradition. 
Dann blickt man zurück. Marion und Hortensia haben Gründe dafür, verbitterte alte Damen geworden zu sein. Ein wenig verwirrt es beim Lesen. Immer wieder springt das Geschehen in ihre Kindheit oder die Zeit, als sie studiert haben und ihre Männer kennenlernten. Auch ihre Ehen verliefen nicht so glücklich wie sie sich es mal vorgestellt hatten. 

Auf den ersten Blick ist liest man hier die Geschichte zweier Frauen in Südafrika, was zuerst amüsiert, dann aber allmählich tiefer geht und hinter die Kulissen blickt. Mit fortschreitender Handlung werden immer mehr Themen werden aufgerollt, subtil aber präsent. Die Apartheid wirkt noch immer nach, selbst wenn sie eigentlich abgeschafft wurde. Dafür bekommt man hier ganz nebenbei mehrere Fallstudien, die nachdenklich machen. Selbst Marion kommt ins Grübeln.
Es erzählt auch von Träumen, Zielen und Selbstverwirklichung und zeigt, dass das Leben manchmal andere Pläne hat als man selbst. Es zeichnet ein Bild vom Älterwerden und macht auch Mut, Mut zur Ehrlichkeit und Mut den Tatsachen ins Auge zu blicken, selbst wenn es hier und da zwickt. 

„Die Frau nebenan“ macht Spaß, berührt und wirft viele wichtige Fragen auf, ganz nebenbei ohne zu moralisieren. Es besticht durch trockenen Humor und wunderbare Sprache. 
Für mich war es ein Zufallsfund und ein Glücksfall. Unbedingte Leseempfehlung.