Rezension

Konnte meinen Erwartungen leider nicht standhalten

Billy
von Einzlkind

Bewertet mit 3 Sternen

INHALT
Der 34-jährige Schotte Billy wächst ohne Eltern in der Kleinstadt Duffmore auf, beide starben an einer Überdosis. Er steigt mit 22 Jahren in die Firma seines Onkels Seamus ein und wird Auftragskiller. Als er zum Spielen nach Las Vegas reist, holt ihn nichtsahnend eine alte Geschichte ein.

MEINUNG
Ich hatte mir nach der Leseprobe mehr von diesem Roman erwartet.Doch leider konnte mich Billys Geschichte nicht hundertprozentig mitreißen. Warum? Im Klappentext wurde ein witziger Roadmovie versprochen, der leider viel zu oft ins Langweilige abdriftete. Klar, ab und an gab es Momente mit gelungener Situationskomik, so musste ich z. B. herzhaft über den Elvis-Imitator aus Las Vegas lachen, der seine Autogramme immer mit Elwis anstatt mit Elvis unterschrieb oder über Billys makabre Opferliste, die die letzten Worte und den letzten Musikwunsch von Billys Zielobjekten enthielt.

Die Ausführungen über Billys Kindheit hätten m. E. zugunsten seiner Tätigkeit als Auftragskiller gekürzt werden können. Was interessiert mich, die Lebensgeschichte seines Onkels, wenn ich doch wissen will, wie und warum Billy tötet. Sicher gibt es vereinzelte, dann meist ins Philosophische abgleitende Passagen über seine Morde, aber das ist mir zu wenig gewesen. Zudem kam Billys besonderer Beruf erst ab Seite 134 zur Sprache - eindeutig zu spät...

Die Wahl von Billy als Antihelden finde ich sehr gelungen. Er hat früh seine Eltern verloren und ist zum Morden eigentlich zu weich. Nur weil er bei seinem Onkel aufwächst und dieser ihm eine schöne Kindheit mit Heranführung zum philosophischen Denken beschert, steigt er ins Familien-Business ein. Letzteres hat sich auf Rache- bzw. Gerechtigkeitstaten spezialisiert.
Ich empfinde Mitleid mit Billy und gleichzeitig verachte ich ihn für seinen Beruf. Er ist Opfer und Täter zugleich und hängt irgendwie immer in der Schwebe. Ihm fehlen die Wurzeln, was gefährlich sein kann, vor allem in Las Vegas.Besonders wenn Billy ins Philosophieren gerät und Nietzsche zitiert, mochte ich den Roman. Hier gab es durchaus nachdenkliche und tiefgreifende Momente. Billys nonchalante Beschreibungen seiner Mitmenschen sind wiederum urkomisch. Er ist der perfekte Erzähler, wenn nur nicht die endlos erscheinenden Exkurse über Whips - Billys Freund und Arbeitskollege - abstruse und nerdige Technik-Utopien und die lahme Reise nach Las Vegas gewesen wären. Billy trifft auf seiner Reise einige skurrile Typen, die durchaus unterhaltsam sind und zeigen, wie verkommen und oberflächlich die Wüstenstadt ist. Die darin enthaltene Tragikomik ist nicht schlecht.

Der unaufgeregte, nüchterne Erzählstil passt gut zum skurrilen Plot.
Hierzu ein paar gelungene Bonmots:
"Mein Leben ist an mir vorbeigezogen und keiner hat es gesehen, nicht einmal ich selbst." (S. 29)

"Manchmal mache ich mir Sorgen um Whip, er sehnt sich so sehr nach dieser realen Irrealität, dass er die Schönheit des Unvollkommenen übersieht, das Schroffe, das Unmögliche, das Zerbrechliche und das immer wiederkehrende Endlich." (S. 170)

"Es ist merkwürdig, wie sehr dieses Land ein Film ist, ein Film mit permanent neuer Besetzung, neuen, umwerfenden Figuren, selbst dann, wenn sie dein Leben nur einen kurzen Moment lang begleiten und eigentlich sprachlos sind." (S. 180)

Das Cover strahlt etwas Außenseiterhaftes aus, besonders das Elvis-Double am rechten Coverrand - passt also sensationell zu Protagonist Billy. Mich hat die hellblaue Farbgebung, die Himmel und Erde zu einem Ganzen macht, fasziniert.

FAZIT
Ein etwas zu hochgelobtes Buch mit vertanem Potenzial. Durchaus bisweilen unterhaltsam, aber nicht stringent.