Rezension

Kriegshelden jenseits der Front, fesselnd, aufwühlend und sehr französisch

Bis wieder ein Tag erwacht - Charlotte Roth

Bis wieder ein Tag erwacht
von Charlotte Roth

Bewertet mit 5 Sternen

 

Ein neues Buch von Charlotte Roth ist Pflichtlektüre, das weiß ich inzwischen und dieses Buch beweist es wieder einmal. Man klappt das Buch auf und ist sofort mittendrin.

 

Fünf Kinder wachsen gemeinsam auf im Dorf Les Adrets. 1918 ist Nathalie acht Jahre alt, Didier und Fabrice vom Chateau sind etwas älter. Gemeinsam mit Delphine, die immer im Sommer zu Besuch kommt und dem Diener Salah spielen sie ein Spiel, das ihr Lebensinhalt wird. Sie sind Kriegskinder und wären alle so gerne jemand anderes.

In Berlin haben Alwin und seine Schwester Dörte mit den Nachwehen des ersten Weltkriegs zu kämpfen. Ihr Vater ist gefallen, das Familiengut konfisziert, sie stehen vor den Scherben ihres gewohnten Lebens.

Bei Ausbruch des zweiten Weltkriegs sind diese Kinder erwachsen. In Paris treffen sie aufeinander, als die Deutschen die Stadt besetzen und die Bürger der Stadt die Resistance ausrufen.

 

Charlotte Roth schreibt wunderbar, sehr bildreich, poetisch und gefühlvoll, ohne dabei kitschig zu werden. Ihre Figuren leben und atmen, handeln individuell und nachvollziehbar und zeigen erfreuliche Kanten. Die großen, strahlenden Helden sucht man hier vergeblich.

 

Dieses Buch erzählt von Menschen zu bewegten Zeiten. Es geht um Schicksale und auch Liebe, Familie, Träume. Und so ganz nebenbei bringt es einem ein Stückchen Geschichte näher. Man landet mitten in Paris, erlebt die Entbehrungen der Bevölkerung in diesem schrecklichen Krieg hautnah mit und ruft fast selbst nach Resistance. Wie sich ein Volk gegen die Besetzer wehrt, wird hier höchst eindrucksvoll geschildert.

Das Ende nimmt einen mit. So eine Geschichte kann nicht ohne Verluste abgehen und führt vor Augen, „dass es in bösen Zeiten keine guten Entscheidungen gibt. Höchstens weniger böse.“ Aber es lässt auch ein bisschen Hoffnung auf eine bessere Welt nach Kriegsende.

"Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!" sagt Frau Roth in ihrem Nachwort, eine Botschaft, die gerade in der heutigen Zeit Gehör finden sollte.

 

Ich habe angefangen, dieses Buch als Hörbuch zu hören, bin dann aber auf die schriftliche Version umgestiegen. Obwohl es schön gelesen wird, sind die geschichtlichen Details so vielfältig, dass sie leicht an einem vorbeirauschen, wenn man es vorgelesen bekommt. Auch die zeitlichen Sprünge nimmt man im Hörbuch mit Verzögerung war und ist verwirrt.

Dieses Buch sollte man lesen. Unbedingt!