Rezension

Krurzweilig, aber nicht berührend

Weil sie das Leben liebten
von Charlotte Roth

Bewertet mit 3 Sternen

Ich habe bislang alle Bücher von Charlotte Roth gelesen und geliebt. Sie schreibt mitreißende, gut recherchierte Geschichten aus dem Zweiten Weltkrieg und beleuchtet dabei ungewöhnliche Aspekte. Wie war es bei der Olympiade 1936, wie hat sich in Frankreich die Resistance formiert? 

Jetzt sind wir im Berliner Zoo, wo sich Menschen durch Tierliebe auszeichnen, wie Franka, die schon immer Außenseiterin war, in der Zoogemeinschaft aber ihre Berufung findet. Dort gelten andere Werte als in der übrigen Welt. Ein Zoo als Auffangbecken für Exoten und Randexistenzen, menschliche und tierische, das hat Charme und bietet interessante Parallelen zum Thema Artenvielfalt und Rassenreinheit. Während die Nazis Deutschland säubern, versucht man im Zoo ausgestorbene Rassen nachzuzüchten.
Dazu schauen wir noch in das Leben der Sinti in Berlin. Kirschla und Tokeli haben sich angepasst. Die Zeiten der umherfahrenden Zigeuner sind vorbei. Vorurteile bestehen trotzdem noch und mit zunehmendem Einfluss der Nazis werden aus Vorurteilen Diskriminierungen. Auch das ist ein spannendes Thema.

So weit ist die Idee des Buches originell. Das Ergebnis hat mich dann nicht ganz überzeugt. 
Theoretisch sind die Figuren interessant angelegt, zwiespältige Charaktere mit Vergangenheit, die sich dann aber erstaunlich gradlinig verhalten und ihre Tierliebe zelebrieren. „Quatsch mit Soße“ mag Lokalkolorit ausstrahlen, wird hier aber zum Schlagwort. 

Dann gibt es eine Liebesgeschichte, die tragisch sein müsste, die aber komplett an mir vorbei ging. 
Wenn wir es mit schwierigen Menschen zu tun bekommen, die Probleme haben sich zu binden, kann das fesseln. Dazu müsste aber verstärkt deren Motivation behandelt werden und die bleibt hier sehr oft schwammig. Hier liebt und hasst man recht unvermittelt. Und wenn man liebt, dann mit Haut und Haar. Seitenlanges neckisch-naives Geturtel lädt zum Überblättern ein. 

Im Hintergrund lauern die Nazis und der Krieg, manch einem wird übel mitgespielt, aber was ihm widerfahren ist, erfährt man oft nur andeutungsweise. Das tut uns leid, nimmt uns aber nicht mit. 
Am besten hat mir noch die Geschichte der Sinti-Familien gefallen, weil man so etwas nicht so oft zu lesen bekommt. Das hätte gerne ausführlicher behandelt werden können. 

Hier ist nicht gelungen, eine gute Idee mit Leben zu füllen, was eigentlich eine Stärke von Charlotte Roth ist, so wie ich sie bislang kennengelernt habe. 
Man kann dieses Buch gut lesen, es ist eine kurzweilige Mischung aus Liebe und Dramatischem, mir fehlt nur der berührende Moment, der ihre anderen Bücher auszeichnet. 
Es winkt schon ein neues Buch der Autorin. Ich hoffe, sie hat zu ihrer alten Form zurückgefunden.