Rezension

Kunst

Fliegenpilze aus Kork - Marie Luise Lehner

Fliegenpilze aus Kork
von Marie Luise Lehner

Bewertet mit 2 Sternen

Dieses Buch ist Kunst, und man ist geneigt, einen kunstvollen Ansatz grundsätzlich großartig zu finden. Aber wenn ich schon Kunst lese, dann möchte ich auch eine Botschaft, originelle Gedanken, schöne Formulierungen, eine Geschichte, die mich trifft, auf jeden Fall irgendetwas, was mich mitnimmt und beeindruckt. Davon findet man hier nicht viel.

 

Die Grundidee ist originell. In kurzen Sequenzen blickt man in das Leben einer namenlosen Ich-Erzählerin von ihrer Geburt an, pro Lebensjahr ein paar Erinnerungen, die reflektierter werden, je älter sie wird.

Sie erzählt von ihrem Vater, der ein Lebenskünstler zu sein scheint, sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält und es schafft, Spaß mit seiner Tochter zu haben, auch wenn das Geld knapp ist, unnütze Dinge kauft, wenn er mal Geld hat, alles bauen und reparieren kann und ihr zeigt, wie man unkonventionell leben kann.

Über sie selbst und ihr eigentliches Leben erfährt man kaum etwas. Es geht nur um die Treffen mit ihrem Vater, den sie hauptsächlich am Wochenende sieht, weil sie sonst bei ihrer Mutter wohnt.

 

Hier steht die Geschichte zwischen den Zeilen. Man liest Blitzlichter hier und da, die eine schwierige und interessante Familiengeschichte erzählen könnten, wenn sie tiefer gehen würden. So streift man die Geschichte nur.

Offensichtlich hat der Vater psychische Probleme, das Verhältnis zu seinen Eltern war auch nicht ungetrübt, das Thema könnte fesseln und berühren. Aber sowohl die Erzählerin als auch der Vater werden nicht lebendig, viel zu wenig erfährt man über sie. Und obwohl das Buch fast die ersten 20 Jahre des Lebens der Erzählerin behandelt, passiert nichts Nennenswertes.

 

Positiv fällt auf, wie die Autorin es schafft, mit sehr einfachen Sätzen eine bedrückende Atmosphäre zu schaffen. Das ist erstaunlich.

Das Buch selbst hat mich nicht erreicht. Es fühlt sich an, als wäre ich im Zug daran vorbeigerauscht. Ich hätte aussteigen wollen, um mich umzusehen, aber die Tür war zu.

 

 

 

Kommentare

wandagreen kommentierte am 11. April 2017 um 22:28

"Ich hätte aussteigen wollen, um mich umzusehen, aber die Tür war zu." Hei - das ist guuuuut! Anscheinend färbt "Kunst" gleich ab. Schade, dass man nichts von der Erzählerin erfährt oder nichts Nennenswertes, erst macht sie einen neugierig und dann - nichts. Typisch.

Sursulapitschi kommentierte am 11. April 2017 um 22:32

Vielen Dank! :-)